Das ist ein Beitrag aus der Reihe „Fragen an FOTOGRAFR“.
Michael fragt mich
Hallo Michael,
ich habe eine rechtliche Frage und hoffe Du kannst mir weiterhelfen.
Ich bin hauptsächlich als Fotograf für Hochzeitsreportagen unterwegs. Dabei musste ich dieses Jahr krankheitsbedingt einen Auftrag einem befreundeten Fotografen anvertrauen.
Daher rührt nun meine Überlegung, wenn eine Verhinderung meinerseits kurzfristig nichts anderes zulässt als den Auftrag des Hochzeitspaares nicht bedienen zu können, könnten daraus resultierend Schadensersatzansprüche gegen mich geltend gemacht werden. Ich schließe im Voraus der Hochzeit immer einen für beide Seiten verbindlichen Vertrag ab.
Hast Du solch eine Erfahrung selbst gemacht und wie konntest Du das Problem lösen? Oder kennst Du eine Versicherung die in solch einem Fall einspringt?
Vielen Dank im Voraus für Deine Antwort.
Danke für Deine Frage, Michael.
Rechtliche Fragen kann ich hier nur sehr eingeschränkt beantworten, da ich kein Anwalt bin und mir die nötigen Kenntnisse fehlen. Aber ich kann meine Sicht als Fotograf schildern.
Wenn ich eine Verpflichtung eingehe, ein Shooting durchzuführen, dann sollte ich mich auch daran halten.
Während ein Bewerbungsfoto-Shooting oder ein anderes privates Shooting ohne große Probleme bei Krankheit oder sonstiger Verhinderung des Fotografen verschoben werden kann, sieht es bei einem Hochzeits-Fotoshooting schon ganz anders aus. Hier muss ich als Dienstleister vorausplanen: Ich brauche eine Telefonliste von Fotografen, die ich kurzfristig anrufen kann mit der Bitte, einzuspringen. Das bin ich meinem Brautpaar ganz einfach schuldig. Und ich habe in der Regel ohnehin einen zweiten Fotografen, mit ich das Shooting gemeinsam durchführe, der in der allergrößten Not auch die eine oder andere Kohle aus dem Feuer holt.
All das ist mit ein Grund dafür, warum Hochzeits-Fotoshootings teurer sein müssen als normale Shootings. Das ist keineswegs Abzocke, wie manche Kunden vermuten, sondern einfach der besonderen Umstände geschuldet.
Ob Du Dich vertraglich oder durch Gestaltung Deiner AGB gegen eventuelle Schadenersatzforderungen absichern kannst, solltest Du mit einem Anwalt besprechen. Und ob eine Berufshaftpflichtversicherung eine eventuelle Schadensersatzforderung begleicht, weiß ich nicht. Ich kann Dir nur raten, alles dafür zu tun, dass es erst gar nicht so weit kommt. Eine gute Kooperation mit anderen ortsansässigen Fotografen ist da sicher nicht der schlechteste Weg.
Als Bräutigam wäre mir persönlich viel wichtiger, dass ich sehe, wenn sich der erkrankte Fotograf intensiv um Ersatz kümmert, als wenn ich in seinen Vertragsbedingungen nachschlagen müsste, ob ich denn jetzt ein paar Tausend Euro Schadensersatz einfordern kann.
Aber in der Praxis wird natürlich beides erforderlich sein: Die eigenen Vertragsbedingungen und AGB sollten sinnvoll formuliert sein und man sollte alles dafür tun, den Erwartungen der Kunden zu entsprechen. Auch und ganz besonders, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten.
Vielleicht sind unter meinen Lesern Leute, die die Frage von Michael noch konkreter beantworten können? Oder die entsprechende Erfahrungen gemacht haben? Ich freue mich über jeden Kommentar.
Rechtlich verbindliches wird Dir auch kein Anwalt sagen („es kommt auf den Einzelfall an“), aber ich finde Deinen Ansatz extrem gut. Sehr pragmatisch und lösungsorientiert.
Bei mir ist es in den Verträgen notiert, dass Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht werden können. Außerdem habe ich im Vertrag eine Rubrik „was ist wenn, … „. In der beide Konstelationen angesprochen werden. Passiert mir was, sorgen ich (oder meine Mitarbeiter) mit allen vorhandenen Kräften nach Ersatz. Ebenso kann dem Brautpaar was passieren und die Hochzeit fällt aus, was bei meinen Brautpaaren 2012 tatsächlich vorgekommen ist. Im Vorgespräch werden beide Möglichkeiten und deren Folgen kurz aber konkret angesprochen. Die meisten Brautpaare finden die Lösungen gut, durchdacht & fair. So ist zumindest mein empfinden. Natürlich wünscht man sich so etwas nicht, aber wir sind ja schließlich alle nur aus Fleisch und Blut.
Dass Väter oder Schwiegerväter die Sache immer etwas strenger sehen als die Brautpaare, musste ich allerdings auch schon feststellen 🙂
Der beste Lösungsansatz ist natürlich der, es gar nicht zum Schaden kommen zu lassen und daher sich bereits frühzeitig um Ersatz zu bemühen. Die Frage ist jedoch darauf gerichtet, was zu tun ist, wenn wirklich alle Stricke reißen:
1. Ausschluss von Schadenersatzansprüchen im Vertrag: Der Vertrag beinhaltet bei mehrfacher Verwendung so genannten Allgemeine Geschäftsbedingungen. In diesen darf man Schadenersatzansprüche nicht komplett ausschließen. Diese Klausel wäre unwirksam und der gesetzliche rechtliche Rahmen ist dann zu berücksichtigen.
2. Der Versuch, die Ersatzansprüche durch eine persönliche Vereinbarung aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen heraus zu nehmen wird dann scheitern, wenn die Klausel ständig wieder verwendet wird – sei es auch in sprachlich abgewandelter Form. Die Haftung des Fotografen auszuschließen dürfte hier kaum möglich sein.
3. Wenn die gesetzliche Haftung eingreift, sind Schadenersatzansprüche zu leisten, denn aus dem Werkvertrag mit dem Inhalt der Erstellung von Fotografien (Ausnahmen der Vertragsart sind hier denkbar aber im Regelfall wohl eher nicht anzunehmen) folgt die Verpflichtung, das Werk (also die Bilder) abzuliefern. Dann gilt es allerdings, Schadenminderungspflichten zu beachten. Außerdem wird es schwierig sein, einen Anspruch in bestimmter Höhe zu beziffern, denn die Frage lautet dann ja, was Bilder wert sind, die NICHT gemacht wurden.
Außerdem wird man hier – und insoweit ist der Hinweis auf die Einzelfallbetrachtung richtig – prüfen müssen, welche Art von Bildern gemacht werden sollten. Geht es um das Einfangen von Stimmungen beim abendlichen Tanz, wird man das nicht wiederholen können. Sollten jedoch Bilder des Paares im Studio oder in einem Park etc. gemacht werden, so kann das nachgeholt werden. Wenn diese Möglichkeit besteht, entsteht kein Schaden und damit auch kein Ersatzanspruch. Es sei denn, der Fotograf verweigert das nachträgliche Shooting.
Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist seit einiger Zeit recht eindeutig in diese Richtung gegangen. Vor 2002 dazu ergangene Rechtsprechung ist auf Grund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes kaum noch heran zu ziehen.
Natürlich sollte immer erst der Weg einer gütlichen Einigung – und natürlich zu allererst der Schadensvermeidung – gesucht werden.
Im Zweifelsfall rate ich dringend dazu, sofort nach Geltendmachen der Ersatzansprüche Rat bei einen Anwalt zu suchen, der sich im Recht der Fotografie auskennt. Denn hier gilt es, weitergehende Schäden zu begrenzen.
Bei so genannter „Höherer Gewalt“ (Hochzeit am Tage eines Sturms wie Kyrill etc.) kann eine Schadenersatzverpflichtung entfallen – aber das sind nun wirklich die wenigsten Fälle.
Gruß
Wolfgang
Hallo zusammen,
ich würde vom Ansatz her zunächst mal deinen Vertrag prüfen lassen. Um welche Art Vertrag handelt es sich eigentlich? Dienstleistungsvertrag oder Werkvertrag? Die meisten Veträge von Hochzeitsfotografen (die ich gesehen) habe, sind Werkverträge (geal was oben daruf steht – der Inhalt bestimmt die Vertragsart). Es wird hier nicht nur die „reine Tätigkeit“ sondern auch der Erfolg definiert: grobe Anzahl Bilder, Dauer und Ort des Einsatzes, etc. Die Art des Vertrages hat Auswirkungen auf die Form eines möglichen Schadensersatz. Zwar sieht das BGB einen Haftungsausschluss aufgrund höherer Gewalt vor, dennoch wird dein Problem nicht einwandfrei dadurch geregelt. Denn laut BGB hat der Besteller auch Anspruch auf Nachbesserung bzw. Ersatz. Da man hier natürlich nicht nachträglich arbeiten kann, stellt sich die Frage, inwiefern sich Nachbessern und Ersatz nicht auch auf einen Zeitpunkt vor der Hochzeit anwenden lässt. Selbst wenn du einen Ersatz findest, bedeutet das nicht, dass du fein raus bist. Das Paar hat dich z.B. wegen deiner Bilder und deinem Stil gebucht. Dieser Stil gehört zum Erfolg. Dein Ersatzman hat aber einen anderen Stil und die Bilder gefallen dem Brautpaar nicht so gut. Schwer nachzwuweisen, dass dadurch ein Schaden entstanden ist. (Aber man weiß ja nie). Auch bei der Suche nach einem Ersatz ist Vorsicht geboten. Denn sucht das Brautpaar jemanden, der mitunter teurer ist, könnte man dich für die Mehrkosten in Haftung nehmen.
Alles in Allem ist natürlich immer eine gemeinsame gütliche Einigung vorzuziehen. Um möglichen Ersatzforderungen vorzubeugen ist es immer ratsam, sich aktiv um einen Ersatz zu kümmern und dies auch zu dokumentieren (z.B. per Email).
Eine Rechtsberatung und ein abgesicherter auf dein Angebot zugeschnittener Vertrag samt AGB´s ist eine lohnende Investition.
Viele Grüße
Holger
Hallo,
ich habe eine Gegenfrage zu diesem Thema.
Wir haben vor einer Woche geheiratet. Zu unserer Hochzeit sollten 2 Blöcke Bilder gemacht werden. Block 1 Standesamt von 12-14 Uhr. Block 2 Paarshooting von 16 – 17 Uhr.
Zum ersten Block war der Fotograph da, alles gut. Zum 2te Block ist der Fotograph nicht gekommen und war auch nicht telefonisch zu erreichen. Nach 1 Stunde Wartezeit sind wir dann zu unserer Hochzeitslocation gefahren. Als wir da waren haben wir eine Sprachnachricht bekommen, der Fotograph hatte verschlafen. Die hat unsere Stimmung und auch den ganzen Abend ‚versaut‘. Vorallem die Bilder von dem Paarshooting waren uns sehr wichtig. Wir waren so sauer und enttäuscht, das wir uns erst am darauffolgenden Tag beim Fotografen wieder gemeldet haben und um einen Termin zu einem treffen und einem Klärenden Gespräch gebeten haben. Der Fotograf hat uns eine Termin in 2 Wochen dazu angeboten und ein Kostenfreies nachholen des Shooting angeboten. Aber wer Zahlt das das Hochzeitsschminken und den neuen Brautstrauß (ca. 200€).
Davon abgesehen, das wir nur ’nachgemachte‘ Bilder der Hochzeit und nicht die gewünschten Bilder von der Hochzeit haben. Steht uns eine Schadensersatz zu?
Verschlafen ist für uns keine höhere Gewalt .
Ich hoffe jemand kann meine Frage beantworten.
Schöne Grüße
Jens