Gibt es den Leica-Look? – Teil 1
Über diese Serie: „Gibt es den Leica-Look?“ Diese Frage beschäftigt mich seit Jahren. Oft schon habe ich (für mich allein oder in aller Öffentlichkeit) entschieden, dass es ihn nicht gibt. Aber he, wenn ich ganz ehrlich bin, war diese Antwort nur das Produkt meiner Selbstschutzmechanismen. Denn eins ist klar – wenn ich am Ende dieser neuen Blogserie ein „JA“ als Antwort in die Welt schreie, wird es sehr teuer. Grad als Soloselbstständiger zu Coronazeiten nicht die beste Aussicht. Aber sie fühlt sich richtig an! Ich bin neugierig! Du auch? Herzlich Willkommen!
Ein Sonntag mit der Leica EOS R
Jetzt dreht er völlig durch! 🙂 (…) Vielleicht hast Du die Serie schon entdeckt, die ich vor Kurzem auf meinem Instagram-Profil gepostet habe. Auf der einen Seite habe ich mich in letzter Zeit bemüht, wieder mehr meinen und unseren Alltag zu fotografieren. Auf der anderen Seite habe ich mich gefragt, ob ich mich nicht schon ein wenig auf die Leica einstellen kann. Als Trockenübung sozusagen. Aber fangen wir vorn an:
Ein Hoch auf die Freizeitfotografie!
Wir sind in den „sozialen“ Netzwerken einem ständigen Vergleich ausgesetzt. Das führt häufig dazu, dass wir nur noch unsere absoluten Highlights (oder das, was wir fälschlicherweise für unsere Highlights halten) mit unseren Followern teilen. So zeigen wir eher ein Selfie mit dem Soap-Star in der überfüllten Fußgängerzone, als das abendliche Portrait unseres besten Freundes. Von unserem Berlin-Trip findet sich zwar der Teller aus dem Restaurant Tim Raue im Feed, die wundervollen Fotos vom Kniffelabend mit unseren Lieben im Hotelzimmer aber, trauen wir uns nicht hochzuladen.
Damit spreche ich aber nicht unser durchaus individuelles Verständnis von Privatsphäre an. Vielmehr spiele ich auf unser, durch den ewigen Vergleich etwas ins Wanken geratene, Selbstbewusstsein an, dass uns daran hindert unsere wahren Highlights zu posten. So viele faszinierende Fotos entstehen im privaten Alltag, während des Wochenend-Trips und auf unseren ganz normalen Reisen. Sie sind es wert, wieder mehr gezeigt zu werden! Die Hängematte auf Bali ist nicht zwangsläufig interessanter oder gar besser als der Tagesausflug in den Landschaftspark Duisburg!
Zu einem gehypten Insta-Hotspot fahren, um die Kamera draufzuhalten – Das kann ja wirklich jeder! Folglich hat diese Art der Fotografie auch wenig mit Dir und mir zu tun. Es ist also nicht die beste Möglichkeit, sich selbst fotografisch einzubringen und/oder zu verwirklichen. Den Zauber eines schönen (oder auch schwierigen!) Alltags einzufangen, ist hingegen etwas ganz Persönliches, von dem die eigenen Follower viel mehr profitieren. Ganz nebenbei schafft man sich ein schönes Erinnerungsalbum. Mit diesen Gedanken habe ich im Herbst angefangen, die EOS R mit dem Canon RF 35mm 1.8 IS STM (Ich berichtete hier kürzlich von dieser Kombi) wieder mehr mit durch unsere Tage zu nehmen. Wie auch an diesem Sonntag, als wir das schöne Schloss Landsberg zwischen Ratingen und Essen-Kettwig besuchten:
Die Leica EOS R
Weil ja meine Erfahrungsstrecke mit dem Leica-M-System anstand, habe ich die Belichtung der Kamera und das Objektiv kurzerhand auf manuell gestellt. 🙂 Natürlich macht ein bisschen manuell belichten und fokussieren aus einer hochmodernen Spiegellosen noch lange keine Leica M! Aber es zwingt Dich zu mehr innerer Ruhe! Es war quasi meine Generalprobe für das Abenteuer M:
„Wenn Du am Ende dieses Tages am Rande eines Nervenzusammenbruches bist, lässt Du das mit der Suche nach dem Leica-Look gleich bleiben!“ Das hatte ich mir morgens selbst versprochen.
Was eine Ruhe!
Haptisch betrachtet hat meine EOS R so viel mit einer Leica M gemein wie ein Tesla Modell S mit einem Jaguar XJ12 aus den 70ern. Daran ändert auch die manuelle Bedienung nichts. Im Kern aber gab es dennoch eine gewisse Schnittmenge auf der Entspannungsebene. Die R war nicht so effektiv und schnell wie sonst – was mich dazu brachte mich weit mehr mit dem einzelnen Bild (und damit auch dem einzelnen Moment) zu beschäftigen.
Am Ende dieses Tages trug ich eine tiefe, innere Ruhe in mir und blickte dankbar auf diese Idee zurück. Morgens hatte ich mich und meine Idee ehrlich gesagt noch ziemlich albern gefunden. Jetzt war ich innerlich ruhig und zufrieden. Ich freute mich über einige schöne Foto-Erinnerungen, die ganz anders als sonst entstanden sind. Irgendwie mit mehr Achtung vor dem Moment. Ich dachte an diesem Abend noch lange darüber nach.
Auf längere Sicht aber würde sich diese Art der Bedienung einer digitalen EOS vermutlich anfühlen, als hätte man dem Tesla den Stecker für die Servolenkung gezogen. Also muss ich langsam zusehen, meine erste Leica in die Hände zu bekommen!
Ich bestellte noch in dieser Nacht! Der Leica-Store Nürnberg lieferte bald meine erste, eigene M. Mit Bauanleitung und 4 Stiften! 🙂
Tags darauf erreichte mich der Anruf eines lieben Fotobuddies: Er hatte von meinen Überlegungen gelesen und bat um ein baldiges Treffen. Es wird also spannend! Mehr dazu berichte ich beim nächsten Mal.
Ich freue mich drauf, bleibt bitte vernünftig und gesund!
Herzliche Grüße,
Falk
Autor dieses Beitrags ist Falk Gustav Frassa
Die spürbare Fotografie ist seine Lebensleidenschaft, sein Therapeut und manchmal auch einfach nur sein Job.
Neben der Fotografie erstellt und betreibt er verschiedene Podcast-Formate und arbeitet für meine Kunden als Mentor und Coach.
Sein Berufsleben startete Falk vor vielen Jahren im Rettungsdienst und der (Psychiatrie-) Pflege. Nach und nach packte er dort Wissen und Erfahrung ein und nahm es mit in den Kreativbereich.
Website: fotografie tut gut
Falk Gustav Frassa,
sehr schöner Artikel und schöne Fotos.
Grüße
Steffen
Wenn es eine Leica-Look gibt, dann liegt es an der Voreinstellung wie die Sensordaten verarbeitet werden, so wie die verschiedenen Filme einen unterschiedlichen Look haben – der Look liegt an dem Film und nicht an dem Kameragehäuse. Bei Abzügen hat das verwendete Papier einen starken Einfluss auf den Look (Kontrast).
In der digitalen Bearbeitung können Film und Papier simuliert werden.
Alte Objektive haben haben auch einen Look, Schärfe, Randunschärfe, überstrahlen, Bokeh. Auch der Look der Objektive kann digital simuliert werden, ist aber aufwendiger. Deshalb fotografiere ich gerne mit M42 Objektiven an einer EOS 6D oder R6. Es ist auch die Art zu fotografieren die ich dabei mag.
Ich bin mir auch nicht sicher ob es einen Leica-Look gibt, es wird oft darüber berichtet und sicherlich machen die Linsen einen Unterschied aus. Wenn ich vor meiner Nikon das Nikkor PC-E 24mm schraube, dann meine ich auch, das die Bilder irgendwie plastischer aussehen. Die Nutzung des Objektivs entschläunigt auch, weil ohne Stativ geht es dann nicht und fokussieren muss man auch manuell.
Ich habe mir letzte Woche die Nikon Z6 II gekauft. Was ich aber schon fast verworfen hätte als Sigma die zusätzlichen Objektive der C-Serie angekündigt hat. Die Haptik der Objektive kommt schon einer Leica/Fuji nahe. Ich habe im Fotogeschäft mal das 45mm für L-Mount angefasst. Die Objektive haben einen Blenden und Fokusring am Objektiv. Angeblich sollten sie nächstes Jahr auch für das Z- und R-Mount herauskommen. Dann werde ich mir das 35mm f2 kaufen. Damit kann man sich dann auch wieder voll auf’s fotografieren konzentieren und muss nicht an so vielen Rädern an der Kamera drehen. Alles am Objektiv (bis auf Belichtungskorrektur oder Belichtungszeit). Dann kommt hoffentlich ein Feeling wie bei der Leica Q auf.
Wie kommst bzw. kamst Du eigentlich mit dem fokussieren mit dem Messsucher deiner geliehenen Leica klar?
Einen nummerischen Gleichstand wird es bei der Beantwortung der Frage wohl niemals geben, aber ich möchte mal zu bedenken geben, dass es den „Leica-look“ geben muss, weil es ja die Leica gibt. Fortgeschrieben werden hier oftmals die quantitativen und vor allem die qualitativen Merkmale, die sicher bei der Firma Leica mit ihren Produktvarianten, insbesondere auf die M-Systeme bezogen, einer besonderen Aufsicht unterliegen. Gerade in der Reportagefotografie fällt mir persönlich beim betrachten der LFI-Magazine immer wieder auf, dass ein nahezu ungehemmtes Komponieren ein nicht auszutauschendes Merkmal ist. Fassen wir das in den Blick, dann scheint das Design und die Gesamtzahl der besonderen Merkmale eine Aufforderung zu sein, um diesen „look“ zu erzeugen.
Pingback: Gespräch mit Falk Frassa über eine Reise, an deren Ende vielleicht Leica steht | Michel Birnbacher, Leica Enthusiast