Von Zeit zu Zeit bekomme ich die Anfrage, ob man mir bei einem Fotoshooting einmal über die Schulter schauen kann. Als Gegenleistung wird dann zum Beispiel angeboten: „Ich kann Dir auch gerne helfen. Taschen tragen, Reflektor halten, ….“.
Eine ähnliche Frage hat mir Murat in der letzten Woche per eMail gestellt:
… in Ihrem Photobiz Quicktipp vom 11.11.2014 haben Sie als 1. Tipp geschrieben, dass Assistenzen oder Praktika bei sehr gute Fotografen von Vorteil wären.
Meine Interesse in der Fotografie gilt der Flugzeugfotografie aber auch der Hochzeits- & Aktfotografie. Ich komme aus dem Raum Stuttgart und habe mal einen Profi-Hochzeitsfotografen angerufen und gefragt ob ich die Möglichkeit hätte, mit ihm „mitzulaufen“. Am Telefon hat er sich nicht unbedingt begeistert angehört, meinte aber, ich soll ihm doch mal eine E-Mail mit meinen Daten und Interessen schreiben und er würde sich dann melden. Aber wie erwartet warte ich heute noch auf seine Antwort.
Meine Frage wäre: Haben Sie mir einen Tipp wie ich da vorgehen sollte bzw. wie ich die Fotografen zu dem Thema ansprechen soll?
Vielleicht kennen Sie ja einen aus dem Raum Stuttgart der nichts gegen „Mitläufer“ hat
Mit freundlichen Grüßen
Murat
Danke für Deine Frage, Murat.
Eine helfende Hand ist beim Shooting nie verkehrt. Dennoch bin ich selber auf eine solches Angebot nur selten eingegangen, und wenn, dann bei einer freien Arbeit, nicht bei einem kommerziellen Fotoshooting.
Das hat verschiedene Gründe.
Ganz ausdrücklich KEIN Grund ist, dass ich mein Wissen nicht weitergeben möchte oder etwas dagegen hätte, wenn mir anderen Fotografen über die Schulter schauen.
Warum eine Mithilfe nicht ganz einfach ist, …
Ein Assistent ist bei einem Fotoshooting sehr hilfreich. Dafür ist es aber erforderlich, dass man ein eingespieltes Team ist, sich auch ohne viele Worte versteht und Hand in Hand arbeitet. Das lässt sich nur erreichen, wenn man mit seinem Assistenten regelmäßig zusammenarbeitet.
Ein neuer „Zuschauer“ kann vielleicht die eine oder andere Tasche tragen, ansonsten ist er aber kaum eine Hilfe. Die Anlern-Aufwände wären bei einer nur einmaligen Zusammenarbeit größer als der Nutzen.
…. insbesondere bei Business-Kunden
Als Fotograf ist man für alle Leute, die man mit an das Set bringt, verantwortlich. Manche Leute, die helfen möchten, sind nett und freundlich, wissen aber trotzdem nicht so recht, wie man sich vor einem (wichtigen) Business-Kunden verhält (und was man besser lassen sollte). Ich habe einmal erlebt, dass ein mir helfender Hobbyfotograf eine weibliche Kundin angesprochen hat: Er mache auch gute Fotos und ob sie nicht Interesse an einem Dessous-Shooting mit ihm hätte. So etwas geht gar nicht. Hier wäre also im Vorfeld ein ausführliches Briefing erforderlich, für das oft einfach die Zeit fehlt.
Nicht umsonst werden Praktika bei Fotografen in der Regel über mehrere Monate ausgeschrieben. So kann sich ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen und es herscht ein Geben und Nehmen: Der Fotograf bekommt Hilfe, der Praktikant (hoffentlich neben seinem Praktikantengehalt) eine gute Ausbildung.
Ich selber halte es so:
Für bezahlte Jobs engagiere ich ausschließlich Assistenten, die ich gut kenne und denen ich vertraue. Und die werden dann auch dementsprechend bezahlt.
Kostenlos helfende Hände von Leuten, die zuschauen wollen, kann ich nur bei freien Arbeiten einsetzen. Ansonsten wäre der organisatorische Aufwand zu groß.
Es kann gut sein, dass der Hochzeitsfotograf, bei dem Murat angefragt hat, ähnliche Bedenken hat.
Mein Tipp an Murat ist also:
Biete erst einmal an, bei einem freien Shooting (TfP) dabei zu sein, und sichere dem Fotografen zu, anschließend regelmäßig bei Shootings zu helfen. Wenn dann erst einmal Vertrauen aufgebaut ist, wird er Dich sicher auch zu seinen Hochzeits-Jobs mitnehmen.
Wie denkt Ihr darüber?
Wie antwortet Ihr, wenn Euch Hilfe angeboten wird, um einmal bei einem kommerziellen Shooting dabei zu sein?
Was würdet Ihr Murat raten?
Ich freue mich auf Eure Kommentare.
Warum sollte ein professioneller Hochzeitsfotograf auch TfP-Shootings machen? Das ist doch eher unwahrscheinlich. Wer mit der Fotografie sein Geld verdient, wird kaum kostenfrei Shootings machen (warum auch?). Aber sicher kann man bei guten Hobbyfotografen ganauso viel- wenn nicht mehr – lernen, was das reine Fotografieren angeht, wie bei Profis.
@ Carsten: Danke für Deinen Kommentar.
Vielleicht, weil er sich künstlerisch weiterentwickeln möchte? Alle Berufsfotografen, die ich kenne, machen regelmäßig freie Projekte. Und ich empfehle das auch allen Teilnehmern meiner Seminare für Berufsfotografen. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass man immer denselben alten Käse fotografiert. OK, manche Fotografen machen das ….. 😉
Gruß Michael
Ob Assi oder MakeUp-Artist, bei mir kommen nur Leute mit ans Set, die ich kenne, denen ich vertraue und von deren Arbeit ich überzeugt bin. Dafür habe ich schon zu viele „blöde Sachen“ erlebt.
Einen echten Tipp habe ich für da jetzt leider nicht.
Ich habe diesbezüglich eine Anmerkung. Manchmal ist das eine Geschichte wie „Der Hauptmann von Köpenick“. Von allen Seiten kriegt man den Rat, zumindest liest man es, du musst auch als Assistenz deine Erfahrung sammeln. Dann will man ein braver Eleve sein und nichts. Man fragt, um eben diese zu sammeln. Die meisten wiegeln ab. So kommt es eben nicht zu dieser Sammelei von Erfahrung und das ist irgendwie ein Teufelskreis, zumal wenn man keine 20 mehr ist, wird alles noch ne Kappe schwerer…
Mehr als fragen kann man auch nicht, außer sich Menschen suchen, die in einer ähnlichen Situation sind, nur das man dann ja nicht vom Profi lernt, sondern voneinander… Und das ist nicht das Gleiche.
Und darum gibt es auch viele Workshops, die Leute wollen einfach mal die Profi-Seite sehen, schnuppern, und geben riesen viel Geld aus. Nur an einen Assistenzjob bekommen sie trotzdem nicht, weil Erfahrung fehlt. etc. pp.
Auch diese Hochzeitsfotografenratgeber, USA oder D, sagen, mach eine Assistenzzeit bei einem guten Hochzeitsfotografen aus deiner Region. Voller Enthusiasmus fragt man dann als Eleve an und nichts…
Keiner wartet auf einen. Leider!
Da beißt sich die Katze in den Schwanz…
Egal.
Die Mär von der Assistenzzeit glaub ich schon lange nicht mehr. 😉
Hallo Michael,
vielen Dank für den Beitrag … unsere Ansichten decken sich ziemlich gut, auch wenn ich zum Glück noch nicht solche negativen Erfahrungen mit Helfern machen musste.
Bezüglich eingespieltem Team sehe ich das sogar noch etwas „extremer“: wenn ein Helfer nicht weiß, wie ich arbeite, stört er mich unter Umständen sogar, da ich ihn (wenn auch nur unbewusst) im Auge habe und „auf ihn aufpasse“, damit eben nichts blödes passiert … wenn er dann auch noch nicht wirklich helfen kann, ist er mehr Last als Hilfe …
Deswegen halte ich es wie du in dem Fall auch: bei freien Arbeiten, die nicht „heikel“ sind, nehme ich gerne ab und zu einen „Anfänger“ als Helfer, bei komplizierteren Arbeiten oder auch Kundenaufträgen auf keinen Fall.
Schöne Grüsse und gut Licht,
Manuel
Sehr gut geschrieben und du hast auch ein paar Punkte erwähnt die ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Das der Assistent die Kundin anspricht ist natürlich ein starkes Stück 😀
Ich habe bisher nur bei freien Arbeiten Begleitpersonen etc. eingespannt. Bei bezahlten Aufträgen ist meist meine Freundin als (bezahlte) Assistentin dabei.
Ich habe aber schon öfter gehört das Kollegen etwas zurückhaltend reagieren wenn jemand anfragt. Ich habe damals selbst auch 2 Fotografen angeschrieben bei denen ich gerne mal ein Praktikum gemacht bzw. ein Shooting begleitet hätte. Da hiess es dann, wie oben, schreib mal ne Mail…ich melde mich. Ja…neeee…is klar ;).
Ich kann es auch irgendwo verstehen das man hier sein Wissen und seine Vorgehensweise schützen will. Aber ist das noch zeitgemäß? Dazu kommen auch noch die von dir angesprochenen Punkte. Daher ist ein „Spontan-Assi“ immer schwierig 😀
VG
Frank
Für mich ist eigentlich klar, dass als Assistent bei einem Shooting/Job nur jemand in Frage kommt, mit dem man sich quasi blind versteht und gut zusammen arbeitet. Das *kann* ein Praktikant sein – wenn er länger dabei bleibt und nicht nur eine Woche oder weniger. Das wird aber nicht der Fall sein bei jemandem, der nur mal einen Tag über die Schulter schauen will. Über die Schulter schauen geht m.E. nur, wenn derjenige sich dann komplett im Hintergrund hält, beobachtet und vielleicht mal die eine oder andere Frage stellt. Allerdings sehe ich keinen Nutzen beim Fotografen. Bleibt die Frage, warum man sowas machen sollte? Bezahlen lassen?
Der Einwand von OkashiQueen zeigt ein bekanntes Bild generell auf dem Arbeitsmarkt. Firmen würden liebend gerne Leute mit 20 Jahren Berufserfahrung aber nicht älter als 25 Jahre einstellen. Gibt es nicht. Und ich zweifle diese Haltung „sollen sie doch in anderen Betrieben ihre erste Berufserfahrungen sammeln, wir brauchen Leute, die das schon können“ mehr als an.
Ich hatte auch mal eine Anfrage zum Assistieren. Bei mir kamen gleich 2 Fragen auf:
– Soll ich die Person bezahlen? Und wenn ja, wie, wenn ich nicht weiß, was von ihr zu erwarten ist?
– Wie gut ist die Qualität der Arbeit? Oder will sie mir tatsächlich nur zuschauen?
Ich denke, solange der Fotograf/die Fotografin die meiste Arbeit selbst schafft – ist es schwierig zu definieren, was an den Assi abgegeben werden kann. Erst wenn der Arbeitsaufwand nicht mehr allein zu bewerkstelligen ist, könnte man an eine Aushilfe denken und dann aber auch über die Einsatzbedingungen beiderseits.
Ich bekomme regelmäßig Anfragen von Praktikanten oder Neugierigen. Ich möchte allerdings nur mit Personen arbeiten, die ich kenne. Je nach dem, wie einer tickt, kann es während eines Shootings auch mal anstrengend werden oder in die Unprofessionalität abrutschen.
Eventuell könnte der/die Praktikant/in sich einfach mal als Model anbieten und so lernen, was der Profi so tut oder lässt. Das erscheint zunächst absurd, wenn das Model eigentlich keines ist, aber manche Fotografen sehen durchaus etwas Spannendes darin, mal aus dem „Taschenträger“ eine gute Serie herauszukitzeln. Meinen Horizont hat es auf beiden Seiten erweitert (auch wenn ich als Model nichts tauge 🙂 )
Es ist wie in jedem Beruf : Wie soll mir jemand ohne irgendeine Ahnung großartig helfen können, insbesondere bei einem einmaligen Einsatz. Anders herum glaube ich auch nicht, dass es jemandem irgendetwas bringt, einmalig einem Fotografen über die Schulter zu schauen, ohne dass dieser einem ständig erklärt, was er da gerade macht und warum.
Bei einem professionellen Job ist eine derartige Konstellation aus meiner Sicht völlig undenkbar.
Das macht nur Sinn, wenn man öfter und regelmäßig mit jemandem zusammenarbeitet.
Meiner Meinung nach sollte man es hin und wieder probieren einen „rookie“ die Möglichkeit zu geben neues zu lernen.
Klar, wenn ich nur damit zu tun haben zu erklären und hinzuweisen, hat es wenig Sinn. Aber hin und wieder kann es bestimmt nicht schaden. Nicht vergessen irgendwie kann doch Jeder von Jedem etwas lernen 😉
Schöne Grüsse Felix
That’s it!! – Genau so ist es. Ich als Berufsfotograf nehme grundsätzlich nur immer „meinen“ Assistenten mit, weil sonst ein Business-Arbeiten gar nicht möglich ist, ist leider so. Man muss wirklich als Team eingespielt sein, dies fängt schon bei der Begrüßung an und geht über die Lichtsetzung bis hin zum eigenen Fotografieren meines „Assis“ mit Profiequipment.
Also ich muss wirklich sagen, dass mein Assistent wahrscheinlich besser fotografiert als ich. Aber wie gesagt ist halt Fotografieren auch nur ca. 10-15% der Arbeit eines Profifotografen, der Rest ist eher langweilig (Telefonieren, EMail, Marketing, Social etc. etc.)
Vor was genau habt ihr Angst?
Das ist eine einfache Anfrage eines Menschen der sich für Fotografie interessiert! Ich bin selbst Berufsfotografin und muss und kann davon Leben. Seid ihr alle als Fotografen geboren? Nie Tipps und Tricks erhalten? Wo bleibt eure Sozialkompetenz?
Solche Anfragen erhalte ich öfters und ich nehme die Zeit, diese auch dem Geschäftsleben entsprechend abzuklären. Nach Kontaktaufnahme und einem kurzen Gespräch, kann ich mir erst ein abschliessendes Bild über einen „Bewerber“ seine Motivation, sein Vorwissen machen.
Und ja ich habe Spass, meist jugendlichen überwiegend Mädchen einen Tag – oder auch eine Woche während den Schulferien einen Einblick in die Tätigkeit meines Teams zu geben. Wer eine Woche bleibt muss dies nicht einmal Umsonst tun und erhält eine, wenn auch kleine finanzielle Entschädigung als Anerkennung.
Ist doch die beste Werbung für euch selbst! Wechselt mal die Perspektive,nicht nur beim Fotografieren 🙂
Liebe Grüsse
Selina
PS. Deutsch ist nicht meine Muttersprache
Pingback: der letzte Tag des Jahres - ein Jahresrückblick
Ich habe nie bei anderen Fotografen fotografiert, finde das wird auch etwas überbewertet. Stattdessen würde ich empfehlen, eher mal ein shooting bei einem Fotografen, dessen Bilder einem gefallen, zu buchen. Da lernt man auch ne Menge und hat am Ende auch noch schöne Bilder. Außerdem bekommt man ein Gefühl dafür was Bilderkunst wert sein kann.
Jeden Tag fotografieren, experimentieren, sich ganz viel selbst bei bringen und dann die richtigen Kurse buchen, vielleicht sogar Anfängerkurse, fühlt sich gut an, wenn man schon ganz viel weiß.
Herzliche Grüße von Luisa.
….bleibt für mich die Frage: aus dem interessanten Beitrag und den Erfahrungen der Berufsfotografen. Wie wird man Assistent? Im Grunde ist die Anfrage die gestellt wird, für den Fotografen, doch auch die Chance einen Assistenten anzuwerben. Vorausgesetzt es besteht Bedarf. Dafür ist dann ein TfP Shooting die richtige Gelegenheit den neuen kennzulernen.
Meine Erfahrung ist, einmal ist keinmal. Man sollte sich schon auf eine längere Assistenz einlassen um auch lernen zu dürfen.
Ich halte es immer so, dass ich „neue“ Assistenten immer mitnehme, wenn ich mit dem Model/Kunden schon vertraut bin.
Setzt aber mindestens 1 persönliches Gespräch oder Treffen vorab voraus.
Wenn ich das Model/den Kunden nicht kenne, dann hab ich lieber einen Assistenten dabei, mit dem ich schon ein gemeinsames Shooting hatte.