Aktfotografie mit minimalem Aufwand

Von Peter Grüner, der mit diesem Beitrag über Aktfotografie am Wettbewerb „Mein bester Fototipp“ teilnimmt.

Weniger ist mehr – Dieser Spruch trifft auf viele Dinge im Leben und natürlich auch in der Fotografie zu.
Immer wieder lese ich in diversen Foren fragen von Einsteigern und auch Fortgeschrittenen Beiträge, über die minimale Anzahl von Blitzen und welche Lichtformer am Besten geeignet sind.

Häufig bekommt man dann zu lesen, daß man mindestens drei , besser jedoch vier oder fünf Blitze besitzen sollte, dazu noch ein Arsenal der unterschiedlichsten Lichtformer. Reflektoren, Beauty Dish und diverse Softboxen. Führungslicht, Streiflicht, Haarlicht und viele andere in der professionellen Fotografie gängige Begriffe werden dort genannt und ausschweifend diskutiert.

Auch ich als technikversessener fortgeschrittener Amateurfotograf verzettele mich gerne mit komplexen Ideen und Aufbauten, merke dann aber recht schnell, daß manchmal der einfache Weg der Bessere ist.

Gerade vor Ort – neudeutsch on location – ist dies manchmal auch aufgrund der vorhandenen Räumlichkeiten gar nicht groß möglich komplexe Aufbauten zu realisieren.

Bevor ich nun komplett abschweife zurück zum Thema. Alle Bilder, welche im Beitrag zu sehen sind wurden mit minimalem Aufwand erstellt. Zum Einsatz kam lediglich:
Ein Kompaktblitzkopf mit Normalreflektor und Wabe (hier: Profoto D1 500 Air mit 10°Grid) und Stativ. Alternativ funktioniert auch ein entfesselter Aufsteckblitz für die es auch schon die unterschiedlichsten Aufsätze zu kaufen gibt. Der Vorteil der Kompaktblitzgeräte ist in der Regel ein leistungsfähiges Einstelllicht, welches schon im Vorfeld genau zeigt wie Licht und Schatten auf dem Model zu sehen sind.

Zusätzliches Licht über die Zimmerbeleuchtung des Hotels bzw. in geringem Umfang Streulicht über die Wände oder Zimmerdecke.

Ich wußte im Vorfeld, daß der Großteil meiner Fotos in S/W konvertiert werden sollten, dennoch machte ich mir ein paar Gedanken über den Weißabgleich. Für den Fall, daß ich Bilder in Farbe entwickeln wollte stellte ich den Weißabgleich meiner Kamera auf ca 10000K ein. Damit erreiche einen sehr warmen und angenehmen Farbton, der sich für erotische Bilder neben S/W besonders eignet. Wer es nicht glaubt kann es ja einfach mal ausprobieren.

Der Lichtaufbau an sich gestaltete sich wirklich sehr einfach. Im ersten Setup befand sich der Blitz rechts beziehungsweise links hinter Fotografen knapp unter der Zimmerdecke mit einem gezielten Spot auf das Model.

Aufgrund der geringen Größe der Lichtquelle und der zusätzlichen Konzentration des Lichtes mittels der Wabe erhält man ein sehr kontrastreiches, knackiges Licht mit sehr klar abgegrenzten Schattenverläufen. Bei dieser einfachen, aber sehr eindrucksvollen Art der Lichtführung besteht tendenziell die Gefahr, daß der Schatten in Partien verläuft, die frei von Schatten sein sollten. Ein gutes Einstelllicht wie oben bereits erwähnt hilft in diesem Fall ungemein, dies vor der Aufnahme zu erkennen und die Pose des Models oder Position des Fotografen leicht abzuändern bis alles so zusammenpasst wie es letztendlich gewünscht ist.

Das erste Foto als Querformat mit Model Suzanne zeigt einen klaren Schattenwurf unterhalb des Kinns, entlang der rechten Brust sowie den Armen und hebt sie deutlich vom Hintergrund ab. Aufgrund der kontrastreichen Hell-Dunkel Verläufe entsteht ein schöner dreidimensionaler Effekt. Der Nasenschatten ist zu sehen, aber nicht dominant lang genug um störend zu wirken. Das Licht kam von rechts hinten mit knapp halber Leistung des Kompaktblitzes

Canon EOS-1Ds Mark III, Canon EF85mm f/1.2L II USM, ISO 100, f/4.5, 1/125s

Das zweite Foto mit Suzanne wurde leicht abgewandelt und das Licht kommt nun von links, der Fotograf mußte sich aufgrund des Raumes leicht diagonal positionieren. Auch hier sind klar definierte Schattenwürfe und Kontrastlinien zu erkennen. Idealerweise hätte sich im Hintergrund eine kleine Lampe befunden, die für eine leichte Aufhellung gesorgt hätte, aber vor Ort muß ab und zu mit Kompromissen gearbeitet werden. Auch ein zweiter Blitzkopf hätte sich dort leider nicht platzieren lassen können. Der Lichtkegel wurde so positioniert, daß ein Teil des Lichtes hinter dem Model vorbeigeleitet wurde und so die Haare vom Hintergrund noch besser abtrennt.

Canon EOS-1Ds Mark III, Canon EF85mm f/1.2L II USM, ISO 100, f/4.5, 1/125s

Im dritten Bild mit Bethany erkennt man deutlich die Konzentration des Lichtkegels auf einen kleinen, begrenzten Bereich. Das Licht kommt auch hier von rechts oben, aber dieses Mal ist der Fotograf etwas näher an der Lichtquelle. Bethany mag Helmut Newtons Werke und wir versuchten hier mit einer stark frontalen Pose sowie dem harten Licht eine Hommage an diesen großen Künstler zu generieren. Bethany passte aber aufgrund ihres Typs sehr gut zu diesen Bildern.

Canon EOS-1Ds Mark III, Carl Zeiss Distagon T* 1,4/35mm , ISO 100, f/4.5, 1/125s

Als Variante des ersten Setups positionierte ich das Licht fast rechtwinklig vom Fotografen entfernt und ließ das Model den Blick weg von der Kamera und hin zum Blitz schweifen. Dadurch erreicht man eine gewisse Distanz zum Objekt und erzeugt eine gewisse Unnahbarkeit. An der generellen Lichtcharakteristik wie im ersten Setup beschrieben ändert sich nichts.

Das erste Foto mit Bethany wurde bewußt gekippt und eng geschnitten. Die U-förmige Linie entlang Po, Rücken und Schulterpartie steht im Kontrast zur gerade Sessellehne. Der Blick wirk leicht verträumt und unnahbar und durch die definierten, tiefen Schatten werden intime Details komplett ausgeblendet und regen die Phantasie des Betrachters an.

Canon EOS-1Ds Mark III, Canon EF135mm f/2L USM, ISO 100, f/4.5, 1/125s

Die letzen beiden Bilder von Bethany zeigen wie man zusätzliche Lichtquellen wie Lampen als Stilelement miteinbeziehen kann und gegebenenfalls auch tun sollte. Hierbei ist es wichtig, daß Bild nicht extrem zu kippen beziehungsweise gerade zu halten, denn ansonsten wirkt es weniger gekonnt.

Beide Posen sind wieder der Hauptlichtquelle zugewandt und erzeugen wiederum den Eindruck einer gewissen Unnahbarkeit. Obwohl hier etwas mehr nackte Haut zu sehen ist verschwinden die intimsten Details im Schatten

Canon EOS-1Ds Mark III, Canon EF85mm f/1.2L II USM, ISO 100, f/4.5, 1/125s

Für mich als Fotograf ist es wichtig, daß ich in der anschliessenden Bildbearbeitung nicht unnötig Zeit vergeude. Sorgfältiges Ausmessen des Lichtes, sowie die Bildkomposition wurden vor der eigentlichen Aufnahme bestimmt. Somit ist ein zusätzlicher Beschnitt oder aufwändige Korrekturen später im RAW-Konverter und Photoshop nicht mehr nötig oder es muß nur noch im geringen Maß verändert werden.

In Photoshop wurden Hautunreinheiten grob entfernt und mittels NIK Software mit Color Efex Pro4 und Silver Efex Pro2 der finale Schliff gegeben. Alle Bilder mußten zumindest für die Webdarstellung nicht mal mehr nachgeschärft werden.

Pro Bild wurden maximal 10 Minuten am PC nachgearbeitet und so kann ich mich entweder mit mehr Bildern oder mit der Planung für weitere neue Shootings befassen.

16 Kommentare zu „Aktfotografie mit minimalem Aufwand“

  1. Akt ist absolut nicht mein Thema, aber ich liebe deinen Lichteinsatz. Toller Gastartikel mit klarer Botschaft. Ein Bild mit Aufsteckblitz um die Behauptung dass dieser es auch gut tut zu untermauern, wäre aber wirklich super gewesen. Aber das war vermutlich beim Shooting nicht drin, oder?

  2. Ich fotografiere selten mich Aufsteckblitzen und hatte auch keinen einzigen mit dabei. Technisch ist es aber sicher möglich, aber da lege ich den Blog von Krolop-Gerst (www.krolop-gerst.com) nahe. Da wird von minimalsten Lösungen bis zum High-End Gerät alles abgedeckt. Freut mich aber zu lesen, daß einem nicht Aktfan meine Bilder gefallen.

  3. Ein Thema an das ich mich wegen des gigantischen Aufwands noch nicht ran gewagt habe, aber der Artikel macht Mut es doch mal zu versuchen. Die Bilder sind echt spitze und der Aufwand ist ja nu wirklich überschaubar.
    Toller Tip!
    gruß
    Oli

  4. Ich will Michael natürlich keinen Artikel streitig machen, aber der hier hätte ideal zu „Licht(in)former“ gepasst… 😉

    Zum Thema: Das extrem harte Licht wäre für diese Aufnahmen nicht so 100%ig mein Fall. Da fände ich z.B. einen Profoto Telezoom-Reflektor oder Beauty Dish interessanter.
    Aber ja, wenn man weiß was man tut und einigermaßen hochwertige Ausrüstung hat (damit meine ich z.B. qualitativ gute Lichtformer) lässt sich auch mit wenig Studioequipment viel machen. Dazu habe ich ja einen ganzen Workshop.

    Btw.: 10000K? Bei Blitzlicht? Das erscheint mir für Farbe doch arg orange… (Blitzlicht liegt ja in etwa bei 5300K)

  5. Liebe Leute, wenn ihr mit Aktfotografie anfangen wollt, dann rate ich euch, verzichtete erst einmal auf Stative und Blitze, sondern konzentriert euch ganz auf euer Modell. Und fotografiert mit Tageslicht! Schöneres Licht kann es für den Anfang garnicht geben!

    Gruß Klaus

  6. Ich bin ja ein großer Freund von minimalistischen setups, bzw. vorhandenes Licht. Die letzten vier finde ich sehr gut, besonders Bethany1. Gerade hartes Licht unterstreicht hier oft die Wirkung, zumindest für mich.
    Es braucht keinen „gigantischen Aufwand“ für guten spannenden Akt. Es braucht Willen.

  7. Pingback: Gastartikel auf www.fotografr.de veröffentlicht | Fotodesign Grüner

  8. Toller Beitrag … ich habe aber auch die Erfahrung gemacht ein schöneres Licht als wie es uns die Natur geschenkt hat gibt es nicht. Aktfotografie in der Abend Sonne … ein Erlebnis für das Modell und den Fotografierenden.
    Wünsche Allen ein tolles Weihnachtsfest und einen guten Rutsch.
    Dani

  9. Pingback: ISO400 » Blog Archive » Linksammlung #10

  10. Pingback: Photosnacks

  11. Hallo zusammen,

    ein wirklich guter Artikel, vielen Dank dafür.

    Als ich vor knapp über einem Jahr angefangen habe zu fotografieren, hab ich mich auch überall informiert und zumeist die Aussagen erhalten das man mindestens 3 Blitzgeräte benötigt um ordentliche Fotos zu erhalten. Klingt gerade für einen Anfänger erstmal logisch und investiert dann meist auch direkt, sofern das Budget reicht bzw geht den Schritt erstmal in günstiges Equipment zu investieren.

    Wenn man sich dann, wie ich, alles selbst anlernt, dann kommt man aber ganz schnell gar nicht mehr zurecht, da überfordern 3 Blitze schon einmal. Meist war ich dann mit dem Einsatz eines Blitzes mit dem Ergebnis viel zufriedener.

    Allen einen schönen Tag und schöne Grüße aus dem Ruhrgebiet,
    Svensson

  12. Pingback: 7 kreative Fotoprojekte zum Nachmachen | Fotografie

  13. Hallo zusammen,

    ein wirklich toller Beitrag. Meine persönliche Meinung ist, dass man erst mit available light anfangen sollte um sich komplett auf das Model und die Umgebung zu konzentrieren. Danach kann man gerne mit einem Blitz anfangen und so die Einstellungen testen. Danach „üben üben üben“ 🙂

    Liebe Grüße
    Matthias

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