Hensel Studioblitzgeräte gelten wegen ihrer robusten Bauweise und guten Leistung als hochwertige Investitionsgüter. Die gängigen Auktions- und Kleinanzeigenplattformen wimmeln von Angeboten. Sind alte Studioblitze einem modernen Systemblitz überlegen und worauf muss man beim Kauf achten?
Von Niels P. Carstensen nc@kunstwerkbild.de
Wozu Hensel Studioblitze?
Der Batterieblitz für eine moderne Systemkamera wiegt keine 500g und holt aus kleinen Batterien eine erstaunliche Menge Licht. Studioblitze sind leistungsstärker, aber das ist nicht ihr wichtigster Vorteil. Studioblitze überlassen Fotografin und Fotograf die Kontrolle.
- Studioblitze verfügen über ein schaltbares Dauerlicht. Dieses Einstelllicht zeigt, wo die Schatten fallen und wo Reflexe entstehen, noch bevor überhaupt eine Kamera im Spiel ist. Das Einstelllicht erlaubt es, die Lichtquellen rasch und exakt zu platzieren und zu gewichten.
- Studioblitze verfügen über keinen eingebauten Reflektor. Wie das Licht der Blitzröhre gebündelt oder gestreut wird, kontrolliert der Fotograf, indem er einen der zahllosen Lichtformer an den Blitz montiert und die Lichtquelle hart oder weich, klein oder groß macht.
- Studioblitze verfügen über Ausdauer. Die älteren, aber noch weit verbreiteten Hensel Expert Blitzgeräte benötigen nach einem Blitz maximal 2 Sekunden bis sie wieder blitzbereit sind und liefern diese Leistung den lieben langen Tag. Wann ausgelöst wird, und wann Pause gemacht wird, kontrolliert der Fotograf, nicht das Blitzgerät.
LZ, J oder Ws?
Die Leistung von Systemblitzen wird meist mit der “Leitzahl”, der LZ, beschrieben. Die LZ stammt aus den Zeiten der manuellen Fotografie. Dividiert durch die Entfernung zum Subjekt liefert die Leitzahl die richtige Blende – ganz ohne Messgerät oder Belichtungstabelle! Diese Angabe gilt natürlich nur für den eingebauten Reflektor des Blitzgerätes und wenn das Blitzgerät direkt auf die Szene zeigt. Da jeder Lichtformer die Lichtmenge, die auf die Szene fällt, verändert, macht die Angabe einer Leitzahl für Studioblitze keinen Sinn. Hier wird direkt die elektrische Leistung angegeben, die maximal durch die Blitzröhre fließt und zwar in Joule (J) oder Watt-Sekunden. Watt-Sekunden sind nur ein anderer Name für dieselbe Energiemenge, es gilt 1 J = 1 Ws.
Vergleichstests zeigen, dass die Leitzahl der Systemblitze ungefähr der elektrischen Leistung dieser Geräte in Ws entspricht. Der Nikon SB-5000 blitzt also mit etwa 35 Ws.
Die meisten Studioblitze liefern Leistungen um die 500 Ws. Das klingt nach einem gewaltigen Unterschied, entspricht aber nur etwa vier Blendenstufen. Wer die ISO von 100 ASA auf 800 ASA anhebt, kann den Studioblitz ohne weiteres durch einen leichten Systemblitz ersetzen und muss dabei die Blende nur von 8 auf 5,6 öffnen.
Oft werden auch ältere Blitzgeneratoren angeboten. Diese Anlagen, die für die Arbeit mit dem – relativ unempfindlichen – analogen Filmmaterial ausgelegt waren, schleudern unüberhörbare 4000 Ws durch die Blitzröhre. Diese Geräte lassen sich aber bestenfalls auf 10% ihrer vollen Leistung herunterregeln. Das sind dann immer noch 400 Ws und gut 3 Blendenstufen mehr als ein Systemblitz wie der Nikon SB-5000 bei voller Leistung abstrahlt. Für die Arbeit mit modernen Kameras im Heimstudio sind alte Anlagen mit mehr als 3000 Ws nicht wirklich geeignet – sie liefern einfach zu viel Licht.
Bowens, MH, EH?
Ein Studioblitz wird eigentlich nie ohne Lichtformer betrieben. Der Lichtformer muss zum Blitzgerät passen, wie das Objektiv zur Kamera. Und wie alle Kamerahersteller ihre eigenen Objektivanschlüsse konstruieren, verwenden auch alle Studioblitzhersteller ihre eigenen, zueinander nicht kompatiblen, Anschlüsse für Lichtformer.
Im Zusammenhang mit Hensel Blitzgeräten tauchen hier immer wieder die Kürzel MH und EH auf. Manche Anbieter sprechen von Bowens / Hensel.
Der Hensel EH Anschluss
Alle neueren Hensel Blitzgeräte (etwa seit 1988) verwenden den sogenannten EH Anschluss. Lichtformer für den EH Anschluss haben einfach ein Loch von 10 cm Durchmesser. Drei Krallen im Blitzgerät greifen in das Loch und fixieren den Lichtformer. Bei Elinchrome und beim Bowens Bajonett muss der Lichtformer für die Montage wie ein Objektiv am Kamerabajonett ausgerichtet und eingerastet werden. Das ist bei Hensel nicht notwendig – die Lichtformer halten in jeder Stellung und können auch montiert gedreht werden, ohne den sicheren Halt zu verlieren.
Der Hensel MH Anschluss
Vorgänger des EH Anschlusses war der MH Anschluss. Hier hat das Loch einfach einen Durchmesser von 15 cm. Ein Ring ragt aus dem Lichtformer heraus, der den Lichtformer im Blitz zusätzlich stabilisiert, aber auch die Montage etwas fummeliger macht. MH Lichtformer passen nur an Geräte mit MH Anschluss, EH Lichtformer nur an Geräte mit EH Anschluss.
In den späten 1960er Jahren hat Hensel Bowens Monolite Blitzgeräte vertrieben. Der alte Hensel MH Anschluss entspricht der damaligen Form des Bowens-Anschlusses und wird auch als “Bowens / Hensel” Anschluss bezeichnet. Das heute bekannte, vor allem bei den Blitzgeräten und Lichtformern aus China sehr populäre, Bowens-Bajonett mit 10 cm Durchmesser und Bajonettnasen passt weder an MH noch an EH Blitzgeräte! Für EH Geräte bietet Hensel einen Adapter zur Aufnahme von Lichtformern mit Bowens-Bajonett an.
Blitzgeräte mit dem MH Anschluss sind über 35 Jahre alt. Sie können noch einwandfrei funktionieren, benötigen aber passende MH Lichtformer, die man an den neueren EH Geräten nicht mehr verwenden kann.
Manche Lichtformer können für EH und MH Blitzgeräte benutzt werden: Softboxen mit Speedring. Ein Speedring nimmt auf einer Seite die Streben der Softbox auf und trägt auf der anderen Seite ein zum Blitzgerät passendes Anschlussstück. Dieselbe Softbox kann mit einem MH Speedring an einem MH Blitzgerät, mit einem EH Speedring an einem EH Blitzgerät verwendet werden. Meist gibt es sogar Speedringe für die Nutzung der Softbox an Blitzgeräten anderer Hersteller. Beim Kauf von gebrauchten MH Softboxen ist dennoch Vorsicht geboten. Alte Modelle verwenden noch keinen Speedring und taugen nur für MH Blitzgeräte. Vor allem aber vergilben die Diffusoren der Softboxen mit der Zeit und können dann nicht mehr gemeinsam mit neueren Lichtformern benutzt werden.
Steuerung
Studioblitzgeräte können – offensichtlich – nicht auf den Zubehörschuh der Kamera gesteckt werden. Sie werden immer “entfesselt” verwendet. Um im richtigen Augenblick auszulösen, muss die Kamera dem Blitz auf Distanz ein Signal geben. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:
- die Auslösung durch einen anderen Blitz (“Slave”)
- das Synchronkabel
- die Funksteuerung (“RC”)
Blitzlicht
Alle Studioblitze von Hensel verfügen über einen Blitzsensor. Ist der “Slave” Schalter an und wird ein anderer Blitz ausgelöst, blitzt auch der Studioblitz. Dafür genügt oft schon der eingebaute Blitz, wie ihn etwa die Nikon D810 hat. Aber Vorsicht: die speziellen Kamerablitzsysteme, wie das Nikon Advanced Wireless Lighting, die über codierte Blitzsignale andere Blitzgeräte steuern und auslösen, eignen sich dafür nicht. Der Kamerablitz muss auf “Manuell” gestellt werden und darf nicht als Controller konfiguriert sein.
Kabel
An Hensel Studioblitze kann man mit einer 6,3mm Klinkenbuchse ein Synchronkabel anschließen. Kameraseitig wird das Kabel meist einen PC-Stecker (Prontor-Compur) haben, für den neuere Kameras keinen Anschluss mehr bieten. Es gibt Adapter für den Zubehörschuh, die einen PC-Stecker oder einen kleinen Klinkenstecker aufnehmen können.
Vorsicht ist bei alten Blitzgeräten mit MH Anschluss geboten. Hier habe ich am Synchronanschluss schon Spannungen von über 50 V gemessen. Für alte Kameras ist das kein Problem; einer neuen Digitalkamera würde ich diese Spannungen nicht zumuten, sondern einen preiswerten Funksender wie z.B. den Kaiser Xtra MultiTrig AS 5.1 verwenden, dessen Empfänger mit Kabel an den Studioblitz angeschlossen werden kann.
Funk
Funksteuerungen sind ungemein praktisch. Gerade Studioblitze hängen irgendwo unter der Decke oder stehen am anderen Ende des Sets. Der Funksender eliminiert nicht nur eine Stolperfalle: mit den Hensel Funksendern können auch Einstelllicht und Blitzleistung geregelt werden. Die Sender sind ebenso schlicht wie zuverlässig und laufen mit der eingebauten 6 V Lithium Batterie (Typ 2CR1/3N) erstaunlich lange.
Hensel hat, wie alle anderen Hersteller auch, eine eigene Funksteuerung für seine Blitzgeräte entwickelt. In der Regel können nur Hensel Funksender Hensel Blitze auslösen. Dank technischem Fortschritt lösen aber nicht alle Hensel Sender auch alle Hensel Blitzgeräte aus. Da Hensel das äußere Design der Geräte über die Jahrzehnte kaum verändert hat und auf dem Gebrauchtmarkt Geräte aller Generationen angeboten werden, muss man genauer hinschauen.
Hensel Studioblitzgeräte
Die Hensel Expert Blitze konnte man ohne Funkempfänger erwerben. Ein Hensel Expert Pro ohne das “Plus” im Namen und ohne die Taste “RC” auf der Rückseite hat keinen Funkempfänger.
Die erste Generation der Geräte mit Funkempfänger konnte mit dem Sender STROBE WIZARD (RC / RS – TS, Code 390) ausgelöst werden. Diese Blitzgeräte tragen das “Plus” im Namen, haben aber kein Blitzsymbol auf dem Leistungsregler. Die Empfänger können auf einen von vier Kanälen eingestellt werden.
Seit der Photokina 2006 verwendet Hensel für die Funksteuerung das sogenannte “Plus” System. Das “Plus” im Namen der Blitzgeräte bedeutet nach wie vor “hat Funk”. Die Blitzgeräte nach dem neuen Standard zeigen außerdem ein Blitzsymbol auf dem Leistungsregler. Sie können nur auf einen von drei Kanälen eingestellt werden und benötigen den STROBE WIZARD PLUS Sender.
Ganz neue Blitzgeräte unterstützen zusätzlich den “Freemask” – Funkkanal. Dieser Kanal kann nur mit dem Freemask Sender verwendet werden und erlaubt spezielle Freistelltechniken.
Die Funksender zum Hensel Studioblitz
Zum alten Funkstandard gehören Sender mit der Bezeichnung “STROBE WIZARD”, aber nicht alle Geräte tragen diesen Namen. Am Fuß sind die Geräte meist als RC / TS-TS bezeichnet und mit dem “Code 390”. Zur Auswahl des Funkkanals dient ein DIP-Schalter an der Unterseite des Senders, es gibt aber auch Sender ohne dieses Mäuseklavier. Sender dieses Typs können nur die Blitzgeräte nach dem alten Funkstandard steuern.
Den neuen “Plus” Funkstandard erfüllen die Sender mit dem Namen “STROBE WIZARD PLUS” (Code 3950) und der freemask-Sender (Code 3955). Diese Sender können nur Blitzgeräte nach dem neuen Funkstandard steuern, also Geräte mit 3 Kanälen und einem Blitzsymbol auf dem Leistungsregler. Die Sender haben keinen DIP-Switch mehr; zur Auswahl des Funkkanals dient jetzt ein seitlicher Schiebeschalter. Die Verbesserung des PLUS Systems liegt in der Möglichkeit, einen der drei Kanäle (1, 2, 3) oder alle Kanäle auszuwählen (“All”). Neu ist auch die Öse für einen Lanyard an der Unterseite des Senders.
Die Sender vom Typ “freemask” entsprechen dem “STROBE WIZARD PLUS”. Wird die Kamera zweimal kurz hintereinander ausgelöst, sendet der freemask Sender zwei verschiedene Blitzsignale: ein Signal zu den Blitzgeräten, die auf einen normalen Funkkanal eingestellt sind, das zweite Signal zu den Blitzgeräten, die auf den “freemask” Kanal eingestellt sind. Das ist für Freisteller eine feine Sache, erlaubt aber keine schnellen Bildfolgen. Ein freemask-Sender ist ein schönes Extra, wenn man freemask-fähige Blitzgeräte hat, aber kein Ersatz für den normalen Strobe Wizard Plus.
Funktioniert also wenigstens jeder “Plus” Blitz, der ein Blitzsymbol hat, mit jedem “STROBE WIZARD PLUS”, und jeder “Plus” Blitz ohne Blitzsymbol, mit jedem “STROBE WIZARD”? Leider nicht.
Für große Fotostudios, die viele Blitz-Setups gleichzeitig betreiben, reichen drei oder vier Funkkanäle nicht aus. Damit sich die Fotografen nicht in die Quere kommen, hat Hensel solchen Kunden auf Wunsch modifizierte Blitzgeräte und Sender geliefert. Solche Blitzgeräte und Sender mit Sonderkanälen sind äußerlich von serienmäßigen Geräten meist nicht zu unterscheiden. Mit Glück hat der Anwender selbst Markierungen angebracht.
Modifizierte Blitzgeräte lassen sich nur mit dem passenden modifizierten Sender steuern; modifizierte Sender steuern keine serienmäßigen Blitzgeräte. Beim Kauf von Hensel Funksendern muss man darauf achten, einen zu den eigenen Blitzgeräten passenden Sender zu erwerben.
Fazit Hensel Expert Pro
Geräte aus der Hensel Expert Pro Serie haben sich in der professionellen Praxis über viele Jahre hin bewährt. Vom Preis eines neuen Nikon SB-5000 kann man sich ohne weiteres drei gut erhaltene Hensel Studioblitze kaufen.
Auch die alten Geräte mit MH Anschluss werden gelegentlich angeboten. Das kann zum Ausprobieren interessant sein, wenn der Preis stimmt. Das Risiko ist aber groß, dass die Blitzröhre schon stark verbraucht ist oder die Elektronik nicht mehr lange mitmacht. Manche Verkäufer haben bei diesen doch sehr alten Geräten überhöhte Preisvorstellungen. Auch alte Generatoren mit Leistungen über 3000 Ws schaffen in der heutigen Praxis mehr Probleme als sie lösen.
Geräte mit EH Anschluss sind meist vorzuziehen. Blitzröhren sind leicht erhältlich und Hensel repariert die Geräte noch. Ein gut erhaltenes Gerät muss auch bei minimaler Blitzleistung zuverlässig auslösen und sollte bei voller Leistung nicht mehr als 2 s benötigen, um wieder blitzbereit zu sein. Wem die Funksteuerung wichtig ist, fragt den Verkäufer nach dem Funkstandard.
In meinem ebay-Shop https://www.ebay.de/str/kunstwerkbild biete ich zur Zeit einen Teil meiner eigenen Geräte, Hensel Expert Blitzgeräte aus einer Studioauflösung und Leuchtenstative vom Schweizer Hersteller Foba an.