Schärfe deinen Blick für diese 5 Stellen im Foto und mach sofort bessere Porträtfotos
Von Markus Thoma
Wer gute Porträts fotografieren möchte weiß, dass es dafür nicht ausreicht nur das Kameramenü oder das Belichtungsdreieck zu verstehen. Stattdessen müssen nach und nach viele Erfahrungen in Bildgestaltung, Outfit, Posing, Licht, Technik und Nachbearbeitung gesammelt werden um Fehler in der Porträtfotografie zu vermeiden. Erst dann lernt man einen „Fehler“ nach dem anderen zu vermeiden.
Das Auge wird beim Fotografieren nach und nach trainiert, gezielt auf solche Stellen im Bild zu schauen. Sind diese Fettnäpfchen erst einmal erkannt, ist es ein leichtes diese zusammen mit dem Model auszubessern.
In diesem Beitrag will ich dir fünf solcher Erfahrungswerte näher bringen. Diese sind meist kleine Optimierungen im Bild, die aber sofort eine hohe Wirkung zeigen. Um den Lernprozess möglichst einfach zu gestalten, zeige ich dir diese kurz und knapp anhand von simplen Vorher-Nachher Beispielen und einem Merksatz.
Los geht’s!
Fehler 1 in der Porträtfotografie: Tangenten zwischen Model und Kulisse
Tangenten sind Punkte, an denen sich verschiedene Elemente im Bild berühren. In diesem Beispiel z.B. die Stelle von Ellbogen und Baum. Oder aber der Kopf, der oben exakt an den Bildrand andockt.
Tangenten mindern die räumliche Wirkung in Fotos, weil nicht deutlich wird, welches Element nun vor und welches hinter dem anderen liegt. Hilf dem Auge, indem du Elemente im Bild bewusst u?berlappen lässt und eindeutig zeigst, welches Element vor dem anderen im Raum liegt.
Oder du wählst wieder etwas Abstand zwischen Model und Element. Zu mehr Bildtiefe verhilft dir auch hier etwas Unschärfe im Hintergrund. Die Tangente zum Bildrand wurde hier ebenfalls wieder entschärft.
Merke: Entschärfe Tangenten zwischen Model und Bildelementen durch Überlappung oder größere Abstände.
Fehler 2: Augenweiß zeigt sich flächiger als die Pupille.
Mit der folgenden einfachen Regel vermeidest du, dass das eher unschöne Augenweiß die Bildwirkung zerstört. Beim Auge sollte die eigentliche Pupille im Vordergrund stehen. Dreht das Model die Augen zu sehr weg, bleibt nur noch das Weiß sichtbar. Das sieht in den meisten Fällen nicht sehr vorteilhaft aus.
Das Gefährliche beim Augenweiß ist, dass weiße und helle Flächen von Natur aus mehr ablenken und damit sehr in Konkurrenz zur Pupille und Augenfarbe stehen. Achte darauf, vor allem wenn das Model nicht mehr direkt in die Kamera sondern seitlich aus dem Foto blickt.
Merke: Immer der Nase nach – lass das Model dorthin blicken, wohin die Nase zeigt.
Fehler 3: Helle Bildbereiche im Vordergrund lenken vom Hauptmotiv ab.
Es ist gut einen Vordergrund im Bild für die Komposition einzusetzen. Doch hier solltest du penibel auf die Helligkeit achten: zu helle Bildbereiche ziehen die Aufmerksamkeit von der Person weg und wirken ablenkend.
Ist es dir vor Ort nicht aufgefallen, kannst du solche Stellen im RAWKonverter mit dem Verlaufswerkzeug abdunkeln. Wähle auch hier den Bereich grob aus und definiere ihn gegebenenfalls durch die Bereichsmaske (Farbbereich oder Luminanz) genauer.
Vermindere anschließend die Belichtung an dieser Stelle. Natu?rlich könnte man auch u?berlegen, diese Stelle einfach wegzuschneiden.
Merke: Sehr helle oder störende Bildbereiche vermeidest du am besten bereits direkt vor Ort oder dunkelst sie später per Verlaufsfilter ab.
Fehler 4 in der Porträtfotografie: Glattes weißes T-Shirt bildet ablenkende Fläche
Ein einfarbiges und vor allem ein weißes T-Shirt u?berstrahlt sehr schnell und brennt womöglich aus. In beiden Fällen entsteht eine einheitliche weiße Fläche. Helle Bildflächen ziehen den Blick mehr an als das eigentliche Model.
Neben dieser gestalterischen Ablenkung ruiniert eine ausgebrannte Fläche das Foto auch in technischer Hinsicht. Besser sind Outfits mit etwas Struktur, oder ihr kombiniert das weiße T-Shirt mit weiteren Kleidungsstu?cken.
Wählt statt einfarbiger und glatter Kleidung möglichst Stoffe mit Struktur. Grobe Maschen, Spitze oder tastbare Muster zaubern an jeder Unebenheit Licht und Schatten – Outfit und Model wirken sofort wesentlich plastischer und realer.
Merke: Vermeidet helle, einfarbige und glatte Kleidung. Die bessere Wahl sind Outfits mit Struktur – für weniger Ablenkung und mehr Tiefe.
Fehler 5: Ausleuchtung wirkt im direkten Sonnenlicht sehr
unvorteilhaft
Direktes und hartes Tageslicht bringt sehr helle Lichtpunkte, aber auch extrem dunkle Schatten auf die Haut deines Models. Augenhöhlen wirken dunkel, Pupillen und Augenfarbe kommen nicht mehr gut zur Geltung. Hautunreinheiten werden betont und wahrscheinlich kneift das Model die Augen zusammen. Dazu können helle Stellen im Gesicht sehr leicht ausbrennen.
Kurz gesagt: in der Regel ist direktes Sonnenlicht keine gute Wahl. Es wird wesentlich leichter, wenn du mit dem
Model in den offenen Schatten wechselst. So halten z. B. Bäume das direkte Licht ab. Das Licht wird nur noch indirekt von der Umgebung reflektiert und wirkt weicher. Das schmeichelt bei der Porträtausleuchtung ungemein. Zwischen diesen Vorher- und Nachher-Fotos liegen nur wenige Meter, die viel bewirken.
Tipp: Achte fu?r die optimale Positionierung im weichen Licht einfach darauf, dass das Model keinen Schatten auf den Boden wirft. Zeigt der Schatten dagegen scharfe Kanten, ist das ein Indiz fu?r direktes und somit hartes Sonnenlicht.
Merke: Nutze an sonnigen Tagen fu?r eine weiche Ausleuchtung einen schattigen Ort.
Fazit und Empfehlung für viele weitere Tricks
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Wie du siehst setzt sich die Erfahrung in der Porträtfotografie aus zahlreichen kleinen Tricks zusammen, die man über die Jahre für sich sammelt und umsetzt, um Fehler in der Portraitfotografie zu vermeiden. Ich selbst habe diese seit ich 2010 mit dem Fotografieren begonnen habe gesammelt. Doch diese 5 Missgeschicke sind bei weitem nicht die einzigen.
Insgesamt habe ich dir 147 solcher simplen Vorher-Nachher Beispiele in meinem neuen Buch »Outdoor Porträts sehen« zusammengestellt. So lernst du auf über 400 Seiten sehr visuell, wie du deine Porträtfotos verbessern kannst. Die Kniffe lassen sich dabei in der Regel schon ab dem nächsten Fotoshooting umsetzen.
Das Konzept des kompletten Buchs basiert auf dieser sehr visuellen Lernweise (es geht ja schließlich um Fotografie). Vorher, Nachher, Merksatz und fertig. Natürlich ist auch noch etwas zusätzlicher Text enthalten – der Grundgedanke kann aber auch ohne viel zu Lesen aufgegriffen werden.
Nach all diesen Beispielen folgt am Ende des Buchs noch eine illustrierte Zusammenfassung aller Tricks (inkl. Lichtskizzen).
Über Markus Thoma
Der Berufsfotograf aus Selb im Fichtelgebirge hat sich auf die kreative Porträtfotografie spezialisiert. Seine Erfahrungen gibt er nicht nur seit 2015 auf seinem Fotoblog weiter.
Auch hat er 4 Jahre als Fachlehrer für Fotografie unterrichtet und schreibt regelmäßig für gängige Fotomagazine. 2021 hat er sein erstes gedrucktes Buch »Outdoor Porträts sehen« veröffentlicht.
Link zum Blog: journal.markusthoma.com
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