Tipps für die Peoplefotografie

Gastartikel von Sven Kraft

Die Arbeit mit Menschen vor der Kamera ist sehr von der individuellen Persönlichkeit des Kunden / des Models geprägt. Jedoch gibt es auch immer wieder Aspekte, die gleich sind, somit also für den Fotografen vorhersehbar und planbar. Aus der Erfahrung der Vielzahl professioneller Shootings der letzten Jahre möchte ich folgende Tipps geben:

Die Anwärmphase optimal gestalten

In den ersten Minuten nach Beginn des Shootings ist vielleicht noch etwas Nervosität vorhanden bzw. braucht das Model etwas Zeit um „reinzukommen“. Folglich rechne ich in der ersten halben Stunde daher auch nicht mit den Fotos, die am Ende in die finale Auswahl kommen. Wobei das natürlich dennoch der Fall sein kann. Aber in den meisten Fällen ist es selbst bei den Profimodels so, dass sie zwar bereits wie auf Knopfdruck gute Arbeit liefern. Diese ist aber selten bereits das Maximale, was an Qualität auszureizen möglich ist. Daher plane ich alle wichtigen Einstellungen für später ein, wenn die Atmosphäre entspannter und alle Beteiligten lockerer sind. Zu Anfang genügen einfache Porträtaufnahmen, die begleitet von der Lieblingsmusik des Models ein guter Beginn sind.

Mit dem Model reden

Die Minuten vergehen und nebenbei rede ich mit dem Model. Auch über Sachen, die überhaupt nichts mit dem Shooting zu tun haben. Durch Themen, die einen persönlichen Bezug bieten bzw. worüber das Model reden möchte, kann man langsam mehr von der Persönlichkeit herauskitzeln, was den Fotos natürlich zugute kommt.

Körpersprache und Einfühlungsvermögen

Als guter Peoplefotograf ist es von Bedeutung, ein aufmerksamer Beobachter zu sein und jemand der reagiert, wenn das Model unsicher wird. Das Erkennen von Körpersprache und gewisse psychologische Fertigkeiten können oftmals entscheidend sein, wenn es darum geht miteinander „warmzuwerden“. Ein guter Indikator, der Aufschluss darüber gibt, wie es um die Person vor der Kamera bestellt ist, sind Fotos die ich mir vorher angesehen habe und daher weiß, welches Können und Potenzial vorhanden ist. Sehe ich, eine zu große Diskrepanz zwischen vorherigen Arbeiten der Sedcard und dem was gerade vor meiner Kamera passiert, weiß ich hier stimmt ein Faktor nicht. Mit der zu fotografierenden Person darüber zu reden ist hier die Lösung. Bei den meisten Shootings geht aber alles glatt und es entwickelt sich eine gute Stimmung, die das Arbeiten zu einem tollen Erlebenis werden lässt.

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Den Flow erreichen

Und dann gibt es da noch die Shootings, die dem Ganzen noch einen „draufsetzen“ und einen in den sogenannten Flow versetzen. Das ist ein Zustand, der völligen Vertiefung in seinem Tun, das Drumherum verschwindet, man fühlt sich glücklich und hat das Gefühl von Kontrolle. So könnte man es gekürzt zusammenfassen.

Sicher hat jeder so etwas schon einmal erlebt (vielleicht in anderen Lebensbereichen) und weiß, was ich meine. Ich empfinde es manchmal wie Magie, die da gerade passiert. Oftmals könnte man noch stundenlang weitermachen, weil es im Grunde gerade der perfekte Moment ist. Das Model ist genauso gut in der Sache drin wie der Fotograf, beide haben Spaß bei der Arbeit und es läuft alles fast von allein, weil man gut harmoniert.

Das wiederum gibt dem Model noch einmal zusätzliche Lockerheit, so dass man seine Vorstellungen oft schon im Kasten hat, jedoch weitershootet, einfach weil das was an dieser Stelle kommt, nach wie vor unglaublich gut ist und man auch ein wenig gefangen ist in seiner Faszination. So dass man nichts anderes tun kann als auslösen und den Moment aufsaugen muss.

Solche Minuten geben einem auch das Gefühl: Ja, das ist es! Das ist der Grund, warum ich das hier überhaupt mache … Neben den tollen Fotos und dem Spaß können solche Shootings außerdem auch noch zu Freundschaften führen. Gerade durch die positiven Emotionen beim Arbeiten und den einen oder anderen Pausenplausch entstehen gewisse Verbindungen, die von Dauer sind. Ich persönlich habe einige Freunde, die ich zuvor fotografiert hatte.

Ich habe gelesen, dass man diese goldenen Augenblicke gezielt herbeiführen kann, jedoch sind sie nicht in jedem Shooting anzutreffen. Mehrere Faktoren haben Einfluss hierbei. Von Bedeutung ist es, sie zu bemerken und das Gefühl auszukosten, denn sie geben eine fotografische und menschliche Befriedigung von hohem Grad.

Tipps

  • Einen Plan haben. Der muss nicht 1:1 umgesetzt werden, gibt aber dem Model Sicherheit.
  • Für lockere Atmosphäre sorgen: Musik, Smalltalk, albern sein (kann ich gut 🙂 )
  • Die Technik so gut im Griff haben, dass sie zu keiner Zeit der kritische Faktor ist.
  • Spaß haben!!!

Peoplefotografie Sven Kraft

sven-75Autor dieses Artikels ist Sven Kraft. Er arbeitet primär in der Peoplefotografie, einfach weil er es mag mit Menschen und deren Ausdrücken zu arbeiten. Vor seiner Kamera standen bereits Musiker, Sportler und am meisten natürlich Models.
(Website / Instagram)

4 Kommentare zu „Tipps für die Peoplefotografie“

  1. Hey Sven,

    einen schönen Artikel hast du da geschrieben. Gerade an der Stelle mit dem sogenannten „Flow“ finde ich mich völlig wieder. Ich kenne das Gefühl genau: alles stimmt und, ja, läuft halt 😀 Ich vergesse dann auch einfach alles um mich herum, die Umgebung und auch Ängste. So vergesse ich bei Shootings in Wald und Wiese, dass ich eigentlich tierische Angst vor Zecken habe und vergesse auch meine Höhenangst, wenn ich irgendwo empor klettern muss um eine tolle Perspektive zu erreichen.
    Und ja, danach denke ich immer ‚Das ist einfach klasse. Die Fotografie ist genau das, was mich erfüllt, was mich antreibt, mich beflügelt!‘. Ein unglaublich tolles Gefühl!
    …und schön zu wissen, dass ich nicht alleine so denke und nicht seltsam bin 😀 😛

    Viele Grüße! Diana

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