Erlebnisse und Tipps zur Helikopterfotografie
Von Christian Ahrens
Es gibt immer ein erstes Mal, aber manchmal dauert es ganz schön lange, bis es endlich soweit ist. So war es auch mit meinem ersten Helikopterflug: Erst im vierten Berufsjahr als Werbe- und Corporate-Fotograf ergab sich für mich die Gelegenheit, mit der Kamera in die Luft zu gehen. Im Vorfeld habe ich natürlich versucht, mich schlau zu machen, aber weder in Fotoforen noch in den mir zugänglichen Fachbüchern bin ich fündig geworden. Ein befreundeter Kollege hat mir ein paar Tipps geben können, aber das war es auch schon. Also hieß es auch diesmal, wie so oft, Augen auf und los! Was ich dabei gelernt habe, möchte ich an dieser Stelle weitergeben.
Der Auftrag
Mein Auftrag bestand im Wesentlichen darin, das schöne Städtchen Linz am Rhein mitsamt den umliegenden Gemeinden aus der Luft zu fotografieren, also: Übersichten zu machen, die einzelnen Gemeinden zu fotografieren, aber auch Details wie besondere bauliche Wahrzeichen, die Ortskirchen, die Industriegebiete, die Basaltwerke usw. usf. Die Fotos sollten insbesondere eine werbliche Wirkung entfalten, um die touristische, wirtschaftliche und kulturelle Attraktivität der Stadt herauszustellen.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Das Go! zum Flug kam äußerst kurzfristig, erst am Nachmittag vorher schienen die Verhältnisse alle zu stimmen, eine freie Maschine, ein freier Pilot und gute Wetteraussichten – vielleicht die letzte Gelegenheit, in diesem Jahr noch zu fliegen. Und das Schicksal meinte es auch wirklich gut mit uns, am kommenden Tag war strahlend blauer Himmel, auch am Vormittag kaum noch Dunst, es ging also los!
Vorbereitungen
Aus den zuvor mit dem Helikopter-Service geführten Gesprächen wusste ich, dass der Pilot nicht ortskundig war. Ich musste also einen Weg finden, ihm ein entsprechendes Briefing zu geben, damit er die verschiedenen Ortschaften und die dazugehörigen Sehenswürdigkeiten auch anfliegen konnte. Hilfe bot einmal mehr Google Earth, dieses geniale und insbesondere für Fotografen äußerst nützliche Programm ermöglichte mir vorab, mir das Bild der Ortschaften zu vergegenwärtigen und nachzuschauen, wo die herausragenden Gebäude genau liegen.
Außerdem druckte ich mir eine Übersicht aus, auf denen alle verstreut liegenden Gemeinden dargestellt waren. Die Idee war gut, der Pilot nahm dieses Papier mit nach oben und konnte sich mit dieser Hilfe später gut orientieren. Nicht weniger wichtig war es, sich über den Sonnenstand zu informieren, um einen günstigen Zeitpunkt für den Flug festlegen zu können.
Da ich mit einer sehr kleinen Maschine fliegen sollte, passte außer dem Piloten nur noch der Fotograf selbst rein, keine Chance also, einen Assistenten mitzunehmen. Das ist schade, denn das wäre einerseits sicherlich praktisch und nützlich gewesen und andererseits hätte man geschätzten Kollegen damit auch zu einem tollen Erlebnis verhelfen können…. So musste es eben ganz alleine gehen.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Ausrüstungstechnisch entschied ich mich dafür, zwei Kameras mitzunehmen, eine digitale Kleinbild mit Weitwinkel 17-40 mm und eine digitale Spiegelreflex mit Crop 1.3, die ich mit einem 70-200 Zoom bestückte. Zur Sicherheit und Reserve kam auch noch das 24-70mm mit an Bord. Alles andere ließ ich unten und verstaute die beiden Kameras mit angesetzten Objektiven in einer geeigneten Reportagetasche.
Ein weiterer wichtiger Vorbereitungspunkt war die passende Kleidung. Trotz strahlenden Sonnenscheins war mir schon klar, dass es dort oben ganz schön frisch werden würde, zumal die Tür auf der Fotografenseite ja ausgehängt sein würde. Also entschied ich mich für eine mittlere Thermohose, feste Wanderschuhe und über dem T-Shirt zwei Fleece-Shirts. Zur Sicherheit und als zusätzlichen Windstopper nahm ich noch eine weite und leichte Regenjacke mit, die ich vor dem Start auch anzog, weil der Pilot mir ausdrücklich dazu riet. Auf Handschuhe verzichtete ich, erstens, weil ich keine geeigneten hatte, und zweitens, weil ich nicht gerne mit Handschuhen fotografiere.
So gerüstet, fand ich mich dann zum vereinbarten Termin beim Helikopterservice ein, ich war mächtig gespannt!
Der Flug
Ein Zeitkontingent von einer Stunde war vorab vereinbart worden (Kostenpunkt: um die 500 Euro), das kam mir erst wenig vor, es zeigte sich aber, dass man in dieser Zeit wirklich viel machen kann und das Programm locker erfüllt werden konnte. Ich hatte das Glück, vorher noch mit einem Fotografen vom Helikopterservice sprechen zu können, der mir auf Nachfrage riet, den IS am 70-200 auszuschalten („Das gibt öfter Errors“) und mir auch sehr kollegial die Einstellungen nannte, mit denen er und seine Kollegen normalerweise fotografieren: 800-1000 ASA, 1/1250 möglichst nicht unterschreiten.
Grund hierfür sind die starken Vibrationen, die von den Rotoren der Maschine ausgehen und bei zu langsamen Zeiten für Verwacklungseffekte sorgen. Mit diesem Wissen gut gerüstet, stiegen wir dann endlich auf, nachdem der Pilot noch eine kurze Einweisung in die Sicherheitsaspekte gegeben hat und mir erklärt hat, wie der Sicherungsgurt funktioniert.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Die Kameratasche habe ich im Fußbereich meines Sitzes abgestellt, wo sie auch keine Möglichkeit hatte, durch die nicht vorhandene Tür zu entfleuchen. Die beiden Kameras hatte ich meistens beide draußen und beide um den Hals gehängt. Es gibt auch spezielle Kamerahalterungen für die Helikopterfotografie, so etwas stand mir bei diesem Flug jedoch nicht zur Verfügung.
Die Gegenlichtblenden hatte ich drangelassen, aber immer wieder mal kontrolliert, ob sie auch noch fest sitzen. Teilweise habe ich mit einem Polfilter am Weitwinkel gearbeitet, teilweise darauf verzichtet. Der Polfilter hat sich als durchaus segensreich erwiesen, da die leichte Diesigkeit des Tages in der Höhe doch recht kräftig auf die Bildergebnisse durchschlug und der Polfilter vielen Motiven zu mehr Sattheit verhielf.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Zum Fliegen selbst: es war einfach wunderschön, das schräge Herbstlicht, die noch voll belaubten, aber teilweise schon herbstlich gefärbten Wälder, der weite Blick von oben, der Rhein im Gegenlicht, einfach klasse. Bei ca. 14 Grad Außentemperaturen war es wirklich ziemlich kühl und ich war froh über meine mehreren Schichten, die mich gut warm hielten. Das nächste mal werde ich aber ein längeres Fleece tragen und das auch ordentlich in die Hose stopfen, hier zog es manchmal ganz schön rein….
Die Hände wurden zum Glück nicht klamm, es war also unbeschwertes Arbeiten möglich. Zum Schutz gegen den Motorenlärm trugen Pilot und Fotograf einen gut dämmenden Kopfhörer, die mit Mikrofonen versehen waren und darüber eine einwandfreie Verständigung ermöglichten. Der Pilot hatte sichtlich Spaß an seinem Job und flog unermüdlich immer neue Kreise und Winkel. Ich habe ungefähr 6 GB Daten belichtet (RAW-Files) und mich in Sachen Empfindlichkeit und Verschlusszeiten strikt an die Empfehlungen des erfahreneren Kollegen gehalten, was sich auch als richtig erwiesen hat und Bilder in sehr guter Qualität ermöglichte.
Obwohl ich weder unter Höhenangst leide noch einen empfindlichen Magen habe: Nach ungefähr zwei Drittel der Flugzeit wurde mir dennoch etwas mulmig im Bauch, größtenteils hatte das damit zu tun, dass gegen 13.00 Uhr das Frühstück eben doch schon eine Weile zurücklag und dass man sich zum Fotografieren immerzu in einer recht verdrehten Haltung zum Fenster hinausbeugen muss.
Zudem nimmt man die Welt überwiegend durch den Sucher wahr, während der Pilot seine Flugmanöver durchführt. Zum Glück blieb es bei einem leichten Unwohlgefühl, aber meine Konsequenz daraus ist, dass ich beim nächsten Flug etwa eine Stunde vor Abflug noch etwas essen werde. Vielleicht einfach nur ein paar Salzstangen oder ähnliches. Der Magen sollte nicht zu leer und beschäftigt sein.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Erstaunlich auch, wie schnell sich das Wetter ändern kann. Zum Zeitpunkt des Starts gab es nur ein paar Wolken am Horizont, aber während der Stunde Flugzeit zogen auf einmal sehr schnell Wolken auf, die das Fotografieren gegen Ende sogar beeinträchtigten. So passierte es ausgerechnet bei der letzten noch zu fotografierenden Sehenswürdigkeit, dass die entsprechende Kirche konsequent im Schatten einer Wolke blieb, die sich einfach nicht rühren wollte…. Es half nichts, das Kirchlein musste im Schatten fotografiert werden, ich hatte keine andere Wahl.
Linz am Rhein, Foto: Christian Ahrens
Ansonsten habe ich „frei Schnauze“ fotografiert: mit dem Licht, im Gegenlicht, mit Seitenlicht usw. Die Ergebnisse fielen aus, wie man das auch von der Erde kennt: mit dem Licht oder bei Seitenlicht gab es die sattesten Farben, das Gegenlicht war wie immer schwer zu beherrschen, insbesondere da ich es hauptsächlich dann eingesetzt habe, wenn Reflexionen auf dem Rhein standen. Das packt der Kontrastumfang der Kamera nicht, hier muss man einfach Kompromisse machen und eine Einstellung wählen, bei der die Ausreißer in den Lichtern nicht allzu auffällig und das Bild dennoch nicht zu dunkel wird. Hier wirkte sich in der späteren Nachbearbeitung auch die Wahl des RAW-Formates segensreich aus, das Reserven bereitstellt, die sonst nicht zur Verfügung stehen.
Fazit
Und dann war es auch schon vorbei, der Pilot landete punktgenau sein fliegendes Ei, und ich hatte meinen ersten Fotoflug im Helikopter hinter mir. Mein persönliches Fazit: gerne wieder, möglichst bald!
Danke für Deinen netten Stimmungsbericht und den guten Tipp mit der Belichtungszeit!
Hallo Christian,
wieder mal ein toller Bericht von Dir, den ich sehr interessiert durchgelesen und einige nützliche Infos für mich herausgezogen habe !
Danke und weiter so 😉 !
Viele Grüsse, Chris
Schöner Bericht – danke auch für die kleinen Praxistips.
Vielen Dank, dass Du uns an Deinen Erfahrungen teilhaben läßt!
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Hallo Namensvetter,
danke für den Bericht. So schnell werde ich nicht in die Verlegenheit kommen, aber es macht immer wieder Spaß solche Reportagen zu lesen.
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Ich hab‘ vor Jahren mal Luftaufnahmen aus einem Motorsegler mit einem erfahrenen Privat-Piloten gemacht.
Wenn wir kurz vor der Aufnahmeposition waren, hat der Pilot das Gas rausgenommen, so dass ich im Gleitflug mit einem Minimum an Motorvibrationen durch das „Schlechtwetterfenster“ fotografieren konnte.
Für jedes Motiv haben wir drei bis vier Anflüge gemacht, was mit einem Hubschrauber wahrscheinlich nicht nötig ist. Dafür ist der Motorsegler im Vergleich „konkurrenzlos billig“…
Gruß
colmans
Vielen Dank für den wirklich umfassenden Bericht. Wir haben aus Kostengründen einen Hubschrauber bisher nicht gebucht. Eine kleine Einmotorige mußte genügen. Gebäude und größere Anlagen machen wir auch gerne in Kooperation mit einem Ballon. Kein großer Heißluftballon sondern einer speziell für eine Kamera, Helium befüllt. Hochstativ usw … alles schon gehabt, wie gesagt, nur bisher noch keinen Helicopter. Gratuliere und weiterhin alles Gute aus Köln, dirk
Interessanter Bericht. Ich mache oft Luftfotographie aber lieber mit Kleinflugzeug als Hubschrauber. Bei sehr kleinem Hubschrauber, wenn der Motor unerwartet ausfällt ist es tödlich. Wenn es ein Hubschrauber sein muß, dann wenigstens ein Jetranger. Für mich ist eine Cessna einfach die beste Flugmaschine.
Man kann die Verschlusszeit mit einem Gyrostabilizer reduzieren.
Ich habe auch Linz am Rhein aus der Luft fotografiert , es ist ein sehr schöner Ort :
http://www.webbaviation.de/gallery2/index.php/Rheinland-Pfalz/Neuwied/LinzamRhein_fb13998-552131941
Das war aus einerCessna 152 aufgenommen.
Schöne Grüße,
Jonathan Webb
Das schaut man gerne zweimal hin. Schöne Luftaufnahmen muss man mal sagen, besonders gut gefällt mir das Bild mit dem See einfach herrlich !
Hallo, kannst Du mir bitte die Flughöhe verraten um die Brennweiten besser einzuschätzen?
Danke im Voraus, schöne Arbeit! S.D.
Luftaufnahmen sind ein traum weiter so