Suchen und Finden: Verschlagwortung von Fotos

7. Juni 2012November 6th, 20213 Kommentare

Von Cora und Georg Banek


Bevor Sie Ihre Fotos bearbeiten, stehen mit Auswahl, Umbenennung und Verschlagwortung Ihrer Bilder noch einige Verwaltungsarbeiten an, die auf den ersten Blick zwar zu aufwändig scheinen, sich aber im Laufe der Zeit als sehr sinnvoll erweisen. Denn der wichtigste Grund dafür ist, dass Sie die Bilddateien später einfacher wieder!nden können, beispielsweise um sie zu bearbeiten. Egal, ob Sie ein Einzelbild oder eine ganze Reihe von Bilder suchen – ohne eine sinnvolle Struktur, ohne ein stringentes System dahinter werden Sie sehr lange suchen.

Bilder können auf verschiedenen Ebenen zusammenpassen oder -gehören – inhaltlich, formal oder technisch.

Was suchen Sie?

Es gibt mehrere Aspekte, die Sie bei der Entwicklung Ihres eigenen Ordnungssystems berücksichtigen sollten. Damit es auch wirklich zu Ihrer fotogra!schen Praxis passt, sollten Sie sich gedanklich in Situationen versetzen, in denen Sie – jetzt, aber auch in fernerer Zukunft – in Ihrem Archiv nach Bildern suchen. Wir haben Ihnen einmal ein paar solcher Praxisfälle aufgeführt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:

  • Sie wollen Ihrer Familie einen Kalender mit den besten Bildern aus Ihrem Provence-Urlaub schenken.
  • Für Ihr eigenes Arbeitszimmer möchten Sie einen großen Wandkalender mit lauter Aufnahmen von Mohnblüten erstellen.
  • Zum 18. Geburtstag Ihres Sohnes beabsichtigen Sie, eine Diashow mit den Highlights der letzen 18 Jahre zu erstellen.
  • Während der Feier bittet Ihre Mutter Sie, ihr einmal ein paar schöne Fotos vom Familienhund herauszusuchen, der vorletzten Monat gestorben ist. Sie möchte sich ein Bild davon an die Wand hängen.
  • Wieder zu Hause bekommen Sie eine Mail von einem Modell, das Sie schon häufiger fotografert haben. Die junge Frau hat alle Bilder bei einem Festplattencrash verloren. Ob Sie ihr alle bearbeiteten Bilder noch einmal schicken könnten?
  • Eine Woche später fragt Sie Ihr Chef, ob Sie für einen Artikel in der Mitarbeiterzeitung zum Thema Öko-Audit ein paar schöne Naturfotos haben. Sie wissen schon: strahlende Sonne, grünes Gras, ein Schmetterling und vielleicht noch eine leuchtende Landschaft, die als Aufmacher dienen könnte?
  • Dafür revanchiert sich die Firma mit der Möglichkeit, in der Eingangshalle einige Bilder im Format 40 x 60 Zentimeter auszustellen. Einzige Bedingung: Die Bilder müssen größtenteils blau sein, um zum CI des Unternehmens zu passen.
  • Die Vernissage dieser Ausstellung nehmen Sie als Anlass, endlich einmal das Fotobuch zum Thema »Wasser, Meer & Küste« in Angri& zu nehmen, das Ihnen schon so lange im Kopf herumspukt. Vielleicht lassen sich dort einige Exemplare verkaufen.
  • Und da Sie gerade dabei sind, wollen Sie noch ein Bild von dieser alten Glasflasche im Gegenlicht für die leere Wand in der Küche vergrößern. Sie wissen zwar ganz genau, wie es aussieht, ansonsten aber nur noch, dass Sie es irgendwann vor drei oder vier Jahren gemacht haben.

Sie sehen schon, für jeden dieser Fälle werden Sie nach ganz anderen Kriterien suchen und völlig unterschiedliche Suchparameter eingeben müssen. Allerdings sind einige Suchen dabei, die sicherlich häufiger vorkommen werden, andere sind dagegen vermutlich einmalig. Und für die lohnt es sich in der Regel nicht, allen Bildern die entsprechenden Schlagworte als Unterscheidungskriterien auch mitzugeben.

Deswegen sollten Sie sich die folgenden Fragen einmal genauer ansehen, für sich selbst beantworten und daraus Schlüsse für den Aufwand und die Tiefe Ihrer Ordnung und Verschlagwortung ziehen:

  • Nach welchen Begriffen oder Kategorien suchen Sie jetzt schon? Welche können Sie sich für die Zukunft noch vorstellen?
  • Welche unterschiedlichen Arten von Bildern machen Sie bereits jetzt? Welche würden Sie gerne noch machen?
  • Wie viele Bilder machen Sie aktuell pro Jahr?
  • Gibt es Gründe, die annehmen lassen, dass es in Zukunft mehr oder weniger werden können?
  • Wie oft suchen Sie? Und wie viel Zeit haben Sie normalerweise für die Suche?

Wie suchen Sie?

Sie sollten sich möglichst früh Gedanken über die Struktur Ihrer Ordnung machen, denn mit einer genau auf Ihre Bedürfnisse abgestimmten Systematik können Sie den Aufwand dieser Verwaltungsarbeiten
enorm senken. Mit einer falschen oder zu starken Ordnung halsen Sie sich hingegen enorm viel unnötige Mehrarbeit auf. Sinnvoll für Ihre Überlegungen ist es, sich die folgenden Vorgehensweisen anzusehen, die Sie bei der Suche nach Bildern einsetzen können und die jede für sich genommen individuelle Stärken und Schwächen aufweist.

Suche nach Thumbs

Das simpelste Vorgehen ist sicherlich, sich die Bilder einfach anzusehen und jene herauszusuchen, die für die jeweilige Aufgabe in Frage kommen. Dafür gibt es die kleinen Vorschaubilder (auch: Thumbs), die Sie idealerweise in der Größe anpassen können. So können Sie sich mit den sehr kleinen Thumbs zunächst schnell einen Überblick verscha!en und das richtige Shooting suchen, um dann mit größeren Bildern mehr Details als Unterscheidungskriterien zu sehen.

Sinnvoll ist es auch, wenn Sie mehrere Bilder auswählen, nebeneinanderstellen und auch gleich markieren können, um zu Ihrer endgültigen Bildauswahl zu gelangen. Um nerviges Klicken und Warten bei einer fein verästelten Ordnerstruktur zu vermeiden, sollte Ihre Software auch die Unterordner mit einbeziehen können.

Allerdings eignet sich diese Suchform nicht für große Bildermengen, denn schon bei ein-, zwei- oder fünftausend Bildern bauen sich die Thumbs meist recht langsam auf und Sie müssen sehr lange scrollen. Spätestens wenn Sie die Bilder mehrerer Jahre durchsuchen wollen, dauert dies per Vorschau zu lange. Deswegen sollten Sie zuvor durch entsprechende Suchanfragen die Auswahl einengen.

Je besser Sie Ihre eigenen Bilder kennen, desto eher genügt ein Blick auf die kleinen Vorschaubilder zur Suche oder Auswahl eines bestimmten Bilds.

Suche nach Dateinamen

Manchmal wissen Sie auch genau, welche Bilddatei Sie gerade benötigen, und suchen nach einer ganz bestimmten Version davon. In solchen Fällen ist die Suchfunktion Ihres Betriebssystems gefragt. Mit dem Dateinamen beziehungsweise der Bildnummer und der richtigen Namenserweiterung (s. Seite !“#) haben Sie die Datei schnell gefunden – sofern Sie bei der Dateibenennung konsequent vorgegangen sind.

Suche in Ordnern

Sehr viel häufiger wird es jedoch vorkommen, dass Sie eine bestimmte Datei suchen und nur ungefähr wissen, wann Sie dieses Bild aufgenommen haben, und deswegen in der Ordnerstruktur Ihres Betriebssystems danach suchen. Je mehr Bilddateien Sie pro Ordner haben, desto länger dauert es, bis das Betriebssystem die Dateien ausliest und anzeigt; je feiner Sie die Ordner unterteilen, desto öfter müssen Sie zwischen ihnen wechseln. Beides dauert – je nach Hardwareausstattung – teilweise quälend lange.

Suche nach Stichworten

Sinnvoller ist es deswegen oft, mit einer speziellen Bildverwaltungssoftware beziehungsweise einer Bilddatenbank zu arbeiten, die das Suchen vereinfacht. Mittels bestimmter Suchbegriffe und -abfragen können Sie die Menge der zu durchsuchenden Bilder drastisch eingrenzen. Auch hier hängt die Geschwindigkeit stark von der Menge Ihrer Bilder sowie der Leistungsfähigkeit der Hard- und Software ab.

Einige Informationen sind bereits in den Bildern enthalten und werden automatisch eingelesen. Dazu gehören vor allem die Aufnahmedaten nach dem Exif-Standard, so dass Sie ganz einfach nach Aufnahmedatum, verwendeter Kamera oder Brennweite selektieren können. Damit diese Form der Suche aber ihre volle Stärke ausspielen kann, benötigen Sie zusätzliche Angaben über Aufnahmesituation und Motiv, die nur Sie als Fotograf den Bilddateien zuordnen können. Je ausführlicher Sie Ihre Bilder also verschlagworten, desto genauer werden später dann Ihre Suchergebnisse.

Mit entsprechender Vorarbeit können Sie also ganz leicht nach fotografischen Genres, der Aufnahmesituation, dem Motiv, dem Verwendungszweck und den Bildrechten suchen. Insbesondere wenn Sie mehrere Selektionskriterien miteinander kombinieren, erhalten Sie sehr schnell eine angenehm eingeschränkte Trefferzahl, die Sie dann wieder anhand der Thumbs beziehungsweise anhand größerer Vorschaubilder beurteilen können.

Ordnungslogik – eindeutig vs. mehrdimensional

Wenn Sie sich Ihre Fotomotive einmal genau ansehen, wird schnell deutlich, dass die Ordnung mittels Dateinamen und Ordnerstruktur für die Vielfalt der Bildinhalte nicht
ausreichen kann. Denn diese beiden Ordnungssysteme brauchen trennscharfe, hierarchische Strukturen, um etwas zu ordnen. Wenn Sie also versuchen, Ihre Bilder nach
Motivgruppen zu benennen oder in entsprechenden Dateiordnern zu speichern, werden Sie sehr schnell Probleme bekommen – hier nur einige Beispiele:

  • Bei einem Ausflug nach Hamburg fotografieren Sie die Elbphilharmonie – „Hamburg“, „Urlaub“, „City“ oder „Architektur“?
  • Im Urlaub machen Sie ganz gezielt einige Bewerbungsbilder von Ihrem Partner – „Urlaub“, „Familie“, „Porträts“ oder „Bewerbungsbilder“?
  • Sie inszenieren Fashionbilder mit zwei Modellen, jeweils einzeln und allein, machen aber auch einige Porträts zum Aufwärmen – „Katrin“, „Michael“, „Porträt“ oder „Fashion“?
  • Während eines Urlaubs toben Sie sich einen halben Tag lang auf dem Mohnfeld um die Ecke aus, weil Sie Mohnfotos für eine Ausstellung sammeln – „Urlaub“, „Blumen“, „Mohn“ oder „Projekt Mohn“?

Sie werden feststellen, dass eine inhaltliche Ordnung über Dateiname und Ordnerstruktur nur im Extremfall möglich ist, wenn Sie wirklich immer nur dasselbe fotografieren – und nie auch etwas anderes, was sich damit überschneiden könnte. Eine inhaltliche Ordnung ist immer mehrdimensional, weil Sie ein und dasselbe Bild aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen können. Nur das Datum und eine fortlaufende Nummer können dauerhaft trennscharf geordnet werden.

Der Suchbegriff »rot« kann diverse Ergebnisse bringen, weshalb es in so manchem Fall durchaus sinnvoll ist, nach Schlagwortkombinationen zu suchen, um bestimmte Bilder zu finden.


Dieser Artikel ist folgendem Buch entnommen:
Fotografieren lernen, Band 3: Bildbearbeitung und Präsentation. Digitale Bilder verstehen und optimieren
Cora und Georg Banek
29,90 Euro(D) / 30,80 Euro(A)
254 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband
ISBN: 978-3-89864-700-7

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Über Cora / Georg Banek

Cora und Georg Banek leben und arbeiten in Mainz, wo sie Mitte 2009 ihr Unternehmen um eine Fotoakademie erweitert haben. Vorher waren sie hauptsächlich im Bereich der Auftragsfotografie für Unternehmen und Privatpersonen tätig und schreiben seit 2004 für Fachzeitschriften und Buchverlage.

3 Kommentare

  • Gute Ansätze. Habe zwar bisher alles gefunden, was ich gesucht habe, aber ich werde trotzdem nochmal über mein System nachdenken…

  • Frank sagt:

    Diese ist ein, meines Erachtens, ein nicht zu vernachlässigendes Thema. In diesem Beitrag ist alles Wichtige gesagt worden. Ob Hobby oder Beruf ist eigentlich völlig egal. Im Leben eines jeden Fotografen sammeln sich Unmengen an Fotos an. Wer diese nicht sinnvoll verschlagwortet findet bald nichts mehr wieder

  • franzi k sagt:

    ich benutze dazu adobe bridge- da ich größtenteils stock fotos mache und diese veschlagworten muss, findet sich alles sehr gut wieder. Gerade wenn man mehrere tausend bilder auf dem rechner hat ist eine sinnvolle fotoverwaltungssoftware unumgänglich

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